: Lebenslange Haft
Ein Gericht verurteilt Pakistans Ex-Premier zu zwei Mal lebenslänglich. Urteil stärkt Militärregime
DELHI taz ■ Ein Sondergericht im pakistanischen Karachi hat Nawaz Sharif zwei Mal zu lebenslanger Haft verurteilt. Richter Rehmat Hussain Jafrier sprach den Ex-Premier des Terrorismus und der Flugzeugentführung für schuldig, wies aber zwei weitere Anklagepunkte – Geiselnahme und Mordversuch – ab. Sechs weitere Mitangeklagte, darunter der Bruder Sharifs, wurden freigesprochen. Beide Seiten kündigten Berufung an.
Die Verteidiger hatten für alle Angeklagten Freispruch gefordert, da sie das Verfahren als politischen Vergeltungsakt von General Pervez Musharraf, dem obersten Militäradministrator, werteten. Doch der Richter folgte dem Argument des Staates, dass Sharif am 12. Oktober 1999 versucht habe, das Flugzeug mit General Musharraf an der Landung in Karachi zu hindern und damit das Leben der 198 Passagiere aufs Spiel gesetzt habe. Der General befand sich auf der Rückreise nach Pakistan, als Sharif ihn absetzte. Erst nach der Übernahme des Kontrollturms des Flughafens durch Armeeeinheiten konnte das Flugzeug landen.
Das Urteil löste kaum Demonstrationen von Sharif-Anhängern aus, umso weniger als der Freispruch der Mitangeklagten Sharif hoffen lassen kann, bei den Berufungsinstanzen wie Obergericht, Bundesgericht und Präsident Gnade zu finden. Das Ausbleiben von Protesten spiegelt auch die Konfusion der ehemaligen Regierungspartei ein halbes Jahr nach dem Putsch wider. Sharif hatte die Muslim-Liga zu seinem willfährigen Werkzeug entwertet. Viele prominente Parteigänger gaben sich wenig Mühe, zu Gunsten des inhaftierten Parteichefs Proteste zu lancieren und sabotierten den Versuch von Sharifs Ehefrau, sich an die Spitze der Partei zu stellen.
Für das Militärregime ist der Schuldspruch ein wichtiges Element seiner Herrschaft. General Musharraf wird nicht müde, seinen Putsch mit Sharifs Machtmissbrauch zu rechtfertigen. Das Urteil könnte gleichzeitig sicherstellen, dass Sharif, der eine Kreation der Militärs war, und seine Familie von der politischen Szene Pakistans verschwinden. Musharraf macht keinen Hehl daraus, vor einer Rückkehr zur Demokratie neben Sharif auch Benazir Bhutto endgültig aus der Politik zu verbannen.
Allerdings sehen einige Kommentatoren im Freispruch derMitangeklagten Sharifs einen subtilen Hinweis des Richters darauf, dass die kriminellen Tatbestände gegen Sharif nicht einwandfrei erwiesen sind und das Urteil politisch war. Somit hätte Richter Jaffri den „SchwarzenPeter“ dem Appellationsgericht zugeschoben. BERNHARD IMHASLY
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