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Geiz auf hohem Niveau

Naumann fordert Kassensturz im Berliner Kulturhaushalt. Auf weitere Bundeshilfen darf das Land vorerst nicht hoffen – es sei denn, der Senat leistet einen „politischen Offenbarungseid“

von RALPH BOLLMANN

Der künftige Kultursenator Christoph Stölzl darf nicht damit rechnen, dass ihm bei der Lösung der Berliner Finanzkrise ein Scheck aus dem Kanzleramt zu Hilfe kommt. Der Bund werde die Mittel für die Hauptstadtkultur in Höhe von 100 Millionen Mark jährlich vorerst nicht aufstocken, sagte Staatsminister Michael Naumann (SPD) am Wochenende vor Journalisten. Nach Naumanns Angaben fließen in diesem Jahr insgesamt 474 Millionen Mark aus dem Bundeshaushalt in Berliner Kultureinrichtungen, davon 295 Millionen Mark in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Damit beliefen sich die Zuschüsse bereits auf mehr als die Hälfte des regulären Berliner Kulturhaushalts.

Naumann warf dem Berliner Senat erneut vor, er habe die Kulturmittel des Bundes bislang zur Sanierung des allgemeinen Landeshaushalts abgezweigt. Nach Angaben des Staatsministers kam der Bundeszuschuss, der seit 1996 in Höhe von zunächst 60 Millionen Mark gezahlt wurde, nur im ersten Jahr der Berliner Kulturszene zugute. Ein Jahr später sanken die Kulturausgaben plötzlich um 100 Millionen Mark. Seither blieben sie konstant, obwohl der Bund seine Überweisung 1999 um weitere 60 Millionen Mark aufstockte.

Damit das Geld bei den Kultureinrichtungen in Zukunft auch ankommt, will der Bund vom kommenden Jahr an das Jüdische Museum, die Berliner Festspiele und das Haus der Kulturen der Welt voll und ganz unter seine Fittiche nehmen. Darauf hatte sich Naumann bereits mit der zurückgetretenen Kultursenatorin Christa Thoben (CDU) verständigt. Für das Land Berlin hat diese Lösung ebenfalls einen Vorteil: Für den Tarif- und Preisanstieg kommt der Bund dann automatisch auf.

Unklar ist noch die Zukunft der Berliner Philharmoniker. Der Bund möchte das prestigeträchtige Orchester übernehmen, auch die Musiker mit nationalem Anspruch begäben sich gerne unter die Fittiche des Gesamtstaats. Der Senat dagegen will dem Bund die teure Linden-Oper unterjubeln. Das lehnt Naumann jedoch ab.

Zugleich zeigt der Staatsminister aber Verständnis für die Finanznöte des Landes, die er auf den plötzlichen Wegfall der Berlin-Subventionen zurückführt. Den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) forderte Naumann auf, vor dem Bundestag einen „politischen Offenbarungseid“ zu leisten: „Er müsste die Unterfinanzierung der Stadt angesichts ihrer Aufgaben und Ziele darstellen.“

Voraussetzung sei allerdings ein ehrlicher Kassensturz, der neben den Belastungen durch die Wiedervereinigung auch eine „Saldierung der politischen Fehler“ enthalte. Der neue Kultursenator müsse möglichst bald einen umfassenden Sanierungsplan vorlegen. Noch immer werde im Kulturhaushalt nicht mit offenen Karten gespielt.

Naumann verglich die Berliner Verhältnisse mit „einer Komödie von Goldoni, in der auf- und abtretende Kultursenatoren mit den Türen knallen, während der Haushaltsausschuss aus dem Souffleurkasten ein Stück von Beckett rezitiert“.

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