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Polizei jamt durch die Walpurgisnacht

Kapitalismuskritischer Reggae soll am 30. April im Mauerpark das linke Spektrum friedlich stimmen

Um einen friedlichen Verlauf des 30. April und 1. Mai zu erreichen, hat sich die Polizei allerhand einfallen lassen. Ziel ist, die so genannten erlebnishungrigen Kids mit Sport- und Kulturveranstaltungen von Randale abzuhalten (die taz berichtete).

Im Rahmen der Gewaltprävention hat die Polizei auch ein Rockkonzert und eine Funmeile am 30. April von 15 bis 2 Uhr im Mauerpark in Prenzlauer Berg geplant. Die Wahl des Ortes erfolgte nicht von ungefähr. Der Park hat sich in den vergangenen Walpurgisnächten zum Treffpunkt der alternativen Szene gemausert. Zu der unorganisierten Feier rund ums Lagerfeuer kamen im letzten Jahr an die 2.000 Menschen.

„Wir wollen diese Leute nicht verdrängen, sondern ihnen mit dem Kulturprogramm eine erweiterte Plattform bieten“, erklärte Polizeikommissar Rainer Jablinski auf Nachfrage. Darum lege man auch so großen Wert darauf, dass „junge Bands aus dem linken Spektrum“ aufträten. Die Auswahl werde von Jugendeinrichtungen unter der Leitung des Marzahner Jugendclubs Renner getroffen, so Jablinski.

Mit der Organisation des Projektes namens „Walpurga im Mauerpark“ hat die Polizei die Trinity Veranstaltungs- und Promotion GmbH beauftragt. In ihrem Konzept verspricht die Promotionfirma, darauf zu achten, dass zu dem Konzert nur Musikgruppen gebucht werden, „die weder Gewalt in ihren Songs propagieren noch ein eventuell latent vorhandenes Gewaltpotenzial forcieren“. Nach reiflicher Überlegung habe man sich deshalb für Reggae entschieden. Denn Reggae zeichne sich „durch eine friedliche, themenorientierte Musik aus“, heißt es in dem Trinity-Papier. Diese Musik sei das Sinnbild schlechthin für gewaltfreie Kritik an sozialen und wirtschaftlichen Missständen in den Ursprungsländern. Kapitalismuskritik sei wichtig, weil eine reine Tanz- und Musikveranstaltung im Mauerpark „bei dem Publikum den Eindruck erwecken würde, alles wäre von vornherein darauf ausgerichtet, das ‚linke Spektrum‘ einzulullen, und dies würde sicherlich genau das Gegenteil erreichen“. Auch für die gebuchten Aktionskünstler und Sportshows mit Kindervorführungen gelte die Kernaussage: „Greife nicht an! Wir regeln unsere Probleme selber auf kultivierte Art und Weise!“ Man darf gespannt sein, ob sich die Polizei diese Devise auch selbst zu Herzen nimmt. PLUTONIA PLARRE

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