Die Vorschau
: Symphonies Of Sickness

■ Datach'i, Unit und Tausendschøen lärmen morgen in der Friesenstraße

Die Musik von Joseph Fraioli aka Datach'i ist der längst fällige Quantensprung in elektronischer Musik, und zwar in etwa von einer Qualität, wie zwischen Carcass zu Zeiten von „Symphonies Of Sickness“, ihrer besten Phase, und John Zorns Naked City zu Zeiten von „Torture Garden“, der größtmöglichen Verdichtung dessen, was erst möglich wurde mit der Einführung maximaler Geschwindigkeit durch Grindcore, sprich: des Versuchs der letztmöglichen Steigerung des Tempos mit dem Ziel, eine Höchstmenge an Informationen in Musik unterzubringen. Eben!

Datach'i erzielt jedenfalls beeindruckende Ergebnisse. Hier geht das genauso, wie in der zweiten Hälfte der Achtziger: Da es kein geeignetes Kriterium mehr sein kann, ob deine Eltern oder Lehrer Musik noch für solche halten, weil sie diesbezüglich ohnehin seit Jahren komplett überfordert sind, kaufst du eben nur noch Platten, die nicht mal Leute ertragen, die – sagen wir mal – Metallica hören. Also nur noch die Sachen, die im Metal Hammer die schlechtesten Noten kriegen, weil „das ja nun wirklich keine Musik mehr ist“. Eben Napalm Death, Carcass, und was noch in jenen Tagen akne-geplagten jungen Menschen das Leben versüßt hat. Das Debüt-Album von Datach'i, „10110101 (Rec + Play)“, setzt sich mit Verve darüber hinweg, was bislang Sache war, und besteht eben deshalb auch locker diesen Test. Wer's gemütlich mag, ist mit dieser Musik definitiv schlecht bedient.

Erbarmungslos werden Beats durch die Mühle gedreht, bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet, Takte gebrochen, reines Geräusch in verquere Form gepresst. Leute mit industrial-gestählten Ohren könnten sich hier allerdings wie daheim fühlen.

Unit, das Projekt von einem Herrn S. Pants, ist da schon ein etwas zugänglicherer Fall. „The Narcoleptic Symphony“ – toller Titel, der auch von irgendeiner Death-Metal-Band stammen könnte – ist durchzogen von dunklen Ambient-Soundscapes, Breakbeats und nicht ganz vertrauenserweckender Schönheit, unter deren Oberfläche es drohend klirrt. Der Mann hinter Unit schreibt diese Musik dem Vernehmen nach in einem halbwachen Zustand, den er seiner krankhaften Müdigkeit verdankt. Die narkoleptischen Symphonien sind deshalb wirklich welche. Und wenn Datach'i Grindcore-Irrwitz ist, ist Unit in etwa das, was Cathedral, ein weiterer Ableger der Urväter Napalm Death, die vor ihrer Hippie-Glam-Phase in schier unfassbarer Langsamkeit Düsternis verbreiteten. Mit Tausendschøen aus Bremen werden Unit und Datach'i am Donnerstag das kleine Freizeitheim in der Friesenstraße rocken (sic!). Ihr wurdet gewarnt! Andreas Schnell

Am Donnerstag ab 21 Uhr im Freizeitheim Friesenstraße, Friesenstraße 110