Etikett auf Rindfleisch kommt bald

Ab September kann der Kunde in Deutschland die Herkunft des Fleisches vom Stall zur Ladentheke verfolgen, ab 2002 EU-weit. Europaparlamentarier nicht begeistert vom EU-Kennzeichungs-Kompromiss beim Hackfleisch

BERLIN/BRÜSSEL taz/dpa/ap ■ Deutschland will bei der Etikettierung von Rindfleisch europaweit vorangehen und schon zum 1. September eine vollständige Angabe auch über die Herkunft des Viehs und nicht nur über den Schlachtort vorschreiben. Dies gilt jedoch zunächst nur für in Deutschland geschlachtete Rinder, erklärte das Bundeslandwirtschaftsministerium gestern in Bonn. Das Fleisch solle in der Reihenfolge Geburt/Mast/Schlachtung mit „D/D/D“ gekennzeichnet werden.

Der Entwurf für eine gesetzliche Regelung, der der Bundesrat zustimmen muss, sei in Vorbereitung, sagte Sprecherin Ursula Horzetzky. Für die Umsetzung der EU-Regelung in deutsches Recht muss nach ihren Angaben das bestehende Rindfleisch-Etikettierungsgesetz entsprechend geändert werden.

Die EU-Landwirtschaftsminister hatten sich am Montagabend auf eine Regelung zur Etikettierung von Rindfleisch geeinigt. Nach dem Beschluss können die Kunden vom 1. September an im Supermarkt auf dem Etikett ablesen, in welchem Land das betreffende Tier geschlachtet und zerlegt wurde. Erst vom 1. Januar 2002 an sollen die Verbraucher auch den Weg des Fleisches von der Geburt des Schlachttiers bis zur Ladentheke genau zurückverfolgen können. Dann steht auf dem Beizettel auch der Geburtsort und Mastbetrieb des Rindes.

Nach den gestrigen Aussagen diverser MinisterInnen aus den Bundesländern wird sich der Bundesrat wohl nicht gegen die Etikettierung sperren. Einzelnen Ländern ging die Etikettierung nicht weit genug. So forderte de nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn (Grüne) nach Regionen differenzierte Angaben. Als unzureichend kritisierte ein Sprecher des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums die EU-Regelung: „Wir brauchen möglichst schnell eine durchgängige Kennzeichnung vom Erzeuger hin bis zur Ladentheke.“

Das Europäische Parlament muss dem Etikettbeschluss der EU-Minister nach Ostern zustimmen. Es hatte die Etikettierung wesentlich vorangetrieben. Aus dem Parlament wurde gestern Widerstand gegen die von den EU-Agrarministern am Vortag beschlossene Regelung zum Hackfleisch laut. „Die lockeren Bestimmungen für Rinderhack lehnt das Parlament entschieden ab“, hieß es in einer Mitteilung von Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, dem Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses im Parlament.

Nach der Ministerentscheidung wird der Verbraucher beim Rindfleischkauf zwar letztlich auf dem Etikett erkennen können, wo das betreffende Tier geboren, gemästet und geschlachtet wurde. Bei Rinderhack jedoch soll nur der Ort der Schlachtung und Verarbeitung angegeben werden. „Auch beim Hackfleisch muss die Kennzeichnung greifen. Denn gerade das anonyme Rinderhack ist ja als Gefahrenquelle für eine Infektion mit BSE verdächtig, also muss auch hier ordentlich gekennzeichnet werden“, sagte Baringdorf. Nach offiziellen Angaben werden etwa 40 Prozent des Rindfleisches in der EU als Hackfleisch vermarktet. rem