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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenBetragen oder betrügen?

Es war einmal eine Zeit, da verkündete Bremens Finanzsenator, er wolle wie ein ordentlicher Kaufmann ein „Controlling“ über die Staatsausgaben einführen, damit jeder Steuerzahler wisse, wo sein gutes Geld bleibt. Volker Kröning hieß der Mann, man schrieb 1993.

Anfang des neuen Jahrtausends wollten die CDU-Volksververtreter in der Bremer Bürgerschaft wissen, wie viel vom Geld ihres Volkes denn für einen Schul-Platz ausgegeben würde, wie viel in eine Grundschule, wie viel in einer gymnasialen Oberstufe, wie viel in einer Gesamtschule. Eigentlich kein Problem für einen Kaufmann, der eine Kostenstellen-Rechnung hat.

So geht dass nicht, musste der Senat antworten, denn wie soll man wissen, wie hoch die Personalkosten für eine Schule sind, geschweige denn Oberschüler und Berufsschüler an einem Schulzentrum der Sek II auseinanderrechnen? Rein rechnerisch ist natürlich klar, wenn Grundschüler laut Lehrplan weniger Stunden Unterricht haben als Schülerinnen in höheren Klassen, dann ist das auch weniger teuer. So ist das bei Statistik: Je nachdem, was man vorne als Annahme hineintut, kommt hinten was andres heraus.

Und damit die Volksvertreter was in die Hand bekommen, teilte die Schulbehörde, die eigentlich über ihre Kosten nichts weiß, schlankweg mit, was der Taschenrechner ausspuckte: die „Bewirtschaftungskosten pro Schülerplatz“ in der Gesamtschule betragen 754 Mark 33 Pfennig im Jahr und bei einem Schulzentrum der Sekundarstufe I nur 398 Mark und 41 Pfennig. Das waren natürlich die Ergebnisse von Annahmen und nicht vom Kostenstellen-Controlling. „Betrügen“ müsste man daher dazu sagen, nicht „betragen“.

Die CDU-Volksvertreter wollten gleichzeitig wissen, was denn an der Ankündigung des Bildungssenators dran ist, er wolle vielleicht „sale&lease back“ mit Schulgebäuden machen. Das ist ein übliches Verfahren für Unternehmen, deren Substanz schwachbrüstig wird. Aber wie sollen wir wissen, wie viel uns die Unterhaltung einer Schule kostet nach sieben Jahren Controlling, antwortete der Bildungssenator. Und wie sollen wir dann, wenn wir das nicht wissen, ausrechnen, ob es für den Staat billiger kommt, die Schulen zu verkaufen und die Gebäude dann zu mieten? Seit Anfang des Jahres grübelt die Schulbehörde.

Warum bittet ihr nicht die Regierungshelfer von der Unternehmensberater-Firma Roland Berger, auch da ein bisschen beim Rechnen zu helfen, fragt sich

Rosi Roland

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