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Gescheiterter Kongress

betr.: „Unterwäsche im Auditorium“, taz vom 10. 4. 00

Leider bahnte sich schon im Vorfeld des Kongresses dessen Scheitern an. Die Liste der eingeladenen ReferentInnen berücksichtigte zum Beispiel nicht Mitglieder der Liga für Menschenrechte und des Vereins iranischer Flüchtlinge, die hier im Exil leben müssen. Diese Entscheidung zeigt die Unfähigkeit der Heinrich-Böll-Stiftung sowohl im Umgang mit einer uneinigen Opposition und der sehr unterschiedlichen Interpretation der Vorgänge im Iran (manche, aber eben nur manche, nennen diese einen Reformversuch) als auch im Umgang mit den Überlebenden, die vor Folter und Todesurteilen aus dem Iran hierher geflohen sind.

Symptomatisch für diese Unfähigkeit und fehlende Ausbildung eines differenzierten Standpunktes ist ein Vorfall am Freitag, den Herr Bax leider nicht berichtet: Der Sicherheitsdienst versuchte, eine Exiliranerin, die aus dem Publikum heraus um eine Schweigeminute für die Ermordeten gebeten hatte, brutal aus dem Saal zu zerren; Umstehende, die ihr zu helfen versuchten, wurden verletzt. Das Ganze wurde vom Moderator zynisch kommentiert. Ein nicht nur überfordert-unprofessionelles, sondern vor allem auch herzlos-respektloses Verhalten gegenüber Überlebenden. Auch der Artikel zeigt weder ein annähernd differenziertes Erfassen der komplexen politischen Situation noch menschlichen Respekt für die Flüchtlinge, wenn er diese als mutwillige, geschichtslose RandaliererInnen zeichnet. SABINE FLOHR

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