: Bunte Kunst für graue Schlafstadt
■ Nach dem Veto des Vegesacker Beirats zum Symbolon reißen sich die Politiker um die eigenartige Kunstwelt von Ernst Fuchs / Neuester Vorschlag: der Teerhof in Bremens City
Auf dem Teerhof herrscht Aufbruchstimmung: Die Parkfläche wird derzeit geräumt, um Platz zu machen für das Hanse-Panorama. Doch eigentlich tobt um die Schlafstadt-Insel eine ganz andere Diskussion: das Symbolon. Nachdem der Vegesacker Beirat das Kunstobjekt von Ernst Fuchs abgelehnt hatte, reißen sich die Politiker jeglicher Colour um das Projekt. Nach Bremerhaven möchte jetzt auch Bremen das Fuchs-Werk haben – auf dem Teerhof.
Doch für sämtliche Partein ist die aufwendige architektonische Hülle inklusive Kunsthalle derzeit eine heftige Zerreißprobe. „Mit Parteipolitik hat das nichts mehr zu“, bestätigt CDU-Chef Michael Teiser. Denn während sich die CDU in Vegesack noch gegen das Symbolon aussprach, lud die CDU Bremerhaven zusammen mit den Grünen den Künstler zur Standortbegehung ein. Am gleichen Abend war Fuchs dann in Bremen zu Gast – hier hatten die Fraktionschefs Jens Böhrnsen (SPD) und Jens Eckhoff (CDU) Fuchs in die Stadt geholt. „Um aus dem negativen Beschluss in Vegesack, etwas konstruktives für Bremen zu machen“, erklärt Böhrnsen. Im Juni rechnen die beiden mit ersten Entwürfen für den neuen Standort.
Von dem Fuchs-Projekt versprechen sich die Politiker eine ganze Menge: Teiser zum Beispiel will damit „Bremerhaven aus der Mittelmäßigkeit rausziehen.“ Und Eckhoff hofft auf einen „Zuschauermagneten für die Stadt am Fluss.“
Doch ob Fuchs tatsächlich vielversprechende Touristen-Ströme heranlockt, ist fraglich. Vegesack hatte dereinst eine Machbarkeitsstudie in Auftrage gegeben – beim Künstler höchstselbst. Zwischen 250.000 und 350.000 BesucherInnen, hatte Fuchs' Büro errechnet, könnten nach Bremen-Nord kommen. „Sachverständige in Österreich sagen uns, wir hätten damit untertrieben“, berichtet Mitarbeiterin Cornelia Eibel. Die Kunstwelten André Hellers oder das Hundertwasser-Haus würden 350.000 Besucher und mehr anziehen.
Die CDU in Vegesack ist da ganz anderer Meinung: Statt der „üppigen Zahlen“ rechnet zum Beispiel Rainer Buchholz mit bescheidenen 50.000 BesucherInnen. „Sonst hätte man noch ein Verkehrsproblem inklusive gehabt.“ Auch Bremerhavens Bürgermeister Jörg Schulz (SPD) sieht keinen Anlass, mit dem „Symbolon in den Städte-Tourismus einzutreten.“
Strittig ist auch die Finanzierung des Projekts. 20 Millionen Mark wurden den Vegesackern für die Neugestaltung des Sedanplatz zugesprochen. Wird das Symbolon jetzt woanders gebaut, muss es aus anderen Töpfen finanziert werden. Für Bremerhaven jedenfalls sind „nirgendwo Mittel dafür vorgesehen“, erklärt Bürgermeister Schulz. Mit 20 bis 30 Millionen sieht auch Eckhoff ein Problem. Vielleicht würden jetzt in Vegesack „Mittel frei“, die man dem Bremer Symbolon zukommen lassen könnte. Investoren sollten was beischießen.
Nicht unumstritten ist auch der künstlerische Wert des Symbolons samt „Museum für fantastische Kunst“, das laut Fuchs' Büro vor allem seine Werke und die der Wiener Schule zeigen soll. Für die Strategen vom City-Marketing Vegesack war das Symbolon eine „Nische, die in der ganzen Welt noch keiner entdeckt hat“. Für die Galaristin Katrin Rabus dagegen wäre Fuchs' heile-Welt-Kunst „eine Blamage für Bremen“. Wenn man schon das Geld hätte, einen Künstler zu beauftragen, „würden mir viele andere einfallen“. Auch aus städtebaulicher Sicht sei das Symbolon auf dem Teerhof problematisch, erklärt Wilfried Turk, Präsident der Architektenkammer. Hinter den früheren Überlegungen nach einer kulturellen Nutzung des Teerhofs bliebe das „Spektakel Symbolon“ weit zurück. Vielmehr müsse man sich fragen, wie viele Jahre man die „Kulissenarchitektur Fuchs“ dort ertragen kann. pipe
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