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Stölzl zieht das Los

Lotto-Stiftung übernimmt Festspiele und Haus der Kulturen der Welt. Das verschafft dem Senator Luft, löst die Finanzprobleme aber nicht

von RALPH BOLLMANN

Der neue Kultursenator Christoph Stölzl darf sich über einen Hauptgewinn freuen. Wie die Stiftung Deutsche Klassenlotterie gestern bekannt gab, hat der Stiftungsrat auf seiner jüngsten Sitzung mehr als 45 Millionen Mark an Zuschüssen für Berliner Kultureinrichtungen bewilligt. „Die Entscheidungen des Stiftungsrats versetzen uns in die Lage, im Zuge der Haushaltswirtschaft die Finanzierung von Institutionen und Projekten zu ermöglichen“, sagte Stölzls Sprecherin.

Erstmals fördert das von CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky dominierte Gremium nicht nur einzelne Projekte, sondern gleich ganze Institutionen. Als „institutionellen Zuschuss“ für „satzungsgemäße Aufgaben“ übernimmt die Lotto-Stiftung den kompletten Landeszuschuss für die Berliner Festspiele (elf Millionen Mark) und das Haus der Kulturen der Welt (3,3 Millionen Mark). Damit liegen diese beiden Einrichtungen, die der Bund vom kommenden Jahr an übernehmen will, dem offiziellen Landeshaushalt schon in diesem Jahr nicht mehr auf der Tasche. Mit dem Geld kann Stölzl, die Zustimmung des Parlaments vorausgesetzt, Löcher in anderen Bereichen stopfen.

Das Geld reicht aber noch nicht aus, um den Berliner Kulturhaushalt wieder ins Lot zu bringen. Denn beim größeren Teil der jetzt bewilligten Lotto-Millionen handelt es sich um längst zugesagte Gelder für Ausstellungsprojekte. Der höchste Betrag, knapp 16 Millionen Mark, geht als weitere Rate an die Millenniums-Ausstellung „7 Hügel“, die am 14. Mai im Martin-Gropius-Bau eröffnet wird.

Außer in das Kulturressort fließt das Lottogeld satzungsgemäß auch in den Sport-, Sozial- und Jugendbereich. Jugendsenator Klaus Böger (SPD) erhält pauschal 8,4 Millionen Mark für Förderprogramme, die aus dem Landeshaushalt gestrichen wurden. Insgesamt hat der Stiftungsrat 88 Millionen Mark verteilt, so viel wie noch nie auf einer einzigen Sitzung. Damit ist mehr als die Hälfte des Etats für das Jahr 2000 bereits aufgebraucht. Der Spielraum für eine weitere Entlastung des Kulturetats ist daher gering.

Die Kritiker der Vergabepraxis bei der Lotto-Stiftung fühlen sich durch die jüngsten Entscheidungen in ihrer Haltung bestätigt. Die bündnisgrüne Kulturpolitikerin Alice Ströver sagte, damit habe sich der Lotto-Etat endgültig zum „Nebenhaushalt“ entwickelt. Nach den Vorstellungen der Opposition sollen 60 Prozent des Lotto-Geldes direkt in den Landeshaushalt fließen und die übrigen 40 Prozent an kleine Projekte statt in große Institutionen.

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