: Auch ohne Haider bleibt die FPÖ ganz die alte
Der rechte Populist zieht sich aus der Parteispitze zurück, bleibt aber dennoch Chef. Generationswechsel bei den Sozialdemokraten
WIEN taz ■ Bei den beiden stimmenstärksten Parteien Österreichs brachten die Bundesparteitage am verlängerten Wochenende einen Generationenwechsel. In der SPÖ wurde der ehemalige Bundeskanzler Viktor Klima vom 40-jährigen Alfred Gusenbauer als Parteichef abgelöst. Bei der FPÖ überließ Jörg Haider den Parteivorsitz seiner bisherigen Stellvertreterin, der 39-jährigen Susanne Riess-Passer.
Während die Sozialdemokraten in der Wiener Innenstadt beim traditionellen Maiaufmarsch zu ihrer linken Identität zurückzufinden trachteten, feierten die Freiheitlichen im fernen Klagenfurt den politischen Rechtsruck. Der 25. Bundesparteitag der FPÖ gewann nicht nur dadurch Bedeutung, dass die Partei seit drei Monaten erstmals als gleichberechtigter Partner in der Regierung sitzt, sondern vor allem durch den dramatisch inszenierten Abschied ihres Anführers. Wie ernst es Jörg Haider mit dem Rückzug aus der Bundespolitik wirklich ist, beschäftigte denn auch in den letzten Tagen die Kommentatoren. Haben ihm die Reaktionen der EU-Staaten auf die Regierungsbeteiligung seiner Partei bewiesen, dass er niemals Bundeskanzler werden kann? Oder geht er nur ein paar Schritte zurück, um mit umso größerem Anlauf zum Sprung anzusetzen, wie ein Parteigänger hoffnungsvoll orakelte? Dass es in der Partei vorerst keine Umkehr geben wird, machte Jörg Haider selbst klar: „Warum soll sich die erfolgreichste Partei Europas ändern? Das wollen ja nur die anderen, damit sie sich nicht verändern müssen.“ Und seine Nachfolgerin versicherte ihm in ihrer Antrittsrede: „dass du dich auf mich verlassen kannst“. Allen Journalisten, die schreiben würden, sie sei nur eine Marionette Haiders, entgegnete sie trotzig: „Und so ist es auch. Das ist immer noch die Partei von Jörg Haider.“ Sie habe nicht vor „in einem Büßerhemd durch das Land zu gehen.“
Für den Politologen Fritz Plasser handelt es sich um den Beginn einer Strategiedebatte in der FPÖ, die sich nach eventuellen Wahlniederlagen zuspitzen könnte. Mittelfristig stehe die Partei vor der Wahl, entweder „salon- und regierungsfähig zu werden“ oder sich aus der Regierung zu verabschieden.
Bei der SPÖ, die ihren Parteitag am Freitag und Samstag abhielt, muss man sich keine Sorgen machen, dass der alte Parteichef dem neuen in die Zügel greift. Viktor Klimas Abschiedsrede wirkte hohl und kraftlos, während Alfred Gusenbauer, der seinen Genossen die Leviten las, frenetischen Applaus erntete. Inhaltliche Positionierung und Parteireform seien „schlichte Voraussetzung und absolute Notwendigkeit, um Oppositionspolitik leisten zu können“. Der „Hang zum Bewahren“ müsse überwunden werden.
Der frühere Juso Gusenbauer, der als Kompromisskandidat zwischen dem rechten Karl Schlögl und dem linken Caspar Einem nominiert wurde, hat sich in den letzten Wochen bemüht, alle Parteiflügel in einen Reformplan einzubinden. Seine Wahl mit satten 96,58 Prozent bestätigt, dass man ihm zutraut, die nach 30 Jahren Regierung ausgelaugte Partei aus der Krise zu führen. RALF LEONHARD
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