: Marsch auf Berlin
Jenaer Kongress beschließt Aktionsplan gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung
JENA taz ■ Man könne dutzende von Aktionen machen, hunderte, tausende. Und doch: „Deutschland hört nicht auf uns. Aktionen bringen gar nichts“, glaubt Mohumoud Bangura aus Sierra Leone. „Wir brauchen Druck von Nato und EU auf Deutschland“, sagt der Mann aus Sierra Leone. Nur dann werde sich die Lage der Flüchtlinge in Deutschland wirklich verbessern.
Wanderkirchenasyl, rassistische Polizeipraktiken, Residenzpflicht oder Flughafenaktionen – 500 Teilnehmer aus 38 Ländern diskutierten auf dem Flüchtlingskongress „Karawane“ in Jena zehn Tage lang darüber, wie sich die Lage von Migranten in Deutschland verbessern lässt.
Den westlichen Ländern warf Viraj Mendis, Vorsitzender des Internationalen Menschenrechtsvereins Bremen, vor, durch die Ausbeutung von Bodenschätzen den Weg für die Flüchtlingsströme vielerorts erst bereitet zu haben.
Mohumoud Bangura ging sogar einen Schritt weiter: „Mit seiner Entwicklungshilfe stützt Deutschland die Despoten in Afrika.“ Er forderte einen sofortigen Stopp der Hilfsgelder. „Lasst Afrika in Ruhe, dann können wir auch wieder nach Hause.“
Vor allem in Bezug auf die Residenzpflicht hätten sich die Selbsthilfegruppen in Jena auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt, betonte Hagen Kopp von der Vereinigung „kein mensch ist illegal“. Mit Aktionen des zivilen Ungehorsams wollen sie in den kommenden Monaten für die ungehinderte Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen kämpfen. Als Höhepunkt ist ein Marsch auf Berlin geplant.
Einen ersten Vorgeschmack auf die Aktionen gab der Kongress: Er endete mit einer Demonstration gegen Residenzpflicht und Abschiebepraxis.
Viele der Kongressteilnehmer waren selbst Migranten – unter ihnen Madjigune Cissè von der französischen Organisation „Sans Papiers“, die für ihr Engagement erst kürzlich den Menschenrechtspreis der Liga für Europäische Menschenrechte erhalten hat. Doch obwohl die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen), die „Karawane“ vor zwei Jahren noch ausdrücklich begrüßt hatte, verweigerten einige Bundesländer – darunter Brandenburg – ihren Flüchtlingen nun die Reisegenehmigung nach Jena.
NICK REIMER
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