Schlimme Zustände in Asylbewerberheim: Zu wenig zu essen
Mangelnde Ernährung, fehlende Hygiene, zu wenig Gesundheits- und Rechtsberatung: Flüchtlingsinitiativen fordern, die Zast zu schließen.
BREMEN taz | Seit zwei Jahren betreut die Hebamme Stefanie Pötzsch Frauen in der Zentralen Aufnahmestelle für AsylbewerberInnen (Zast) in Habenhausen. Dort landen alle Flüchtlinge, bevor sie in Heime oder Wohnungen umziehen können. Ideal fand Pötzsch die Umstände, unter denen Schwangere und Wöchnerinnen in der Zast leben, nie. Aber seitdem diese wegen der steigenden Flüchtlingszahlen dauernd überbelegt ist, fürchtet sie um die Gesundheit von Müttern und Kindern.
„Die Mitarbeiter sind so damit beschäftigt, die Neuankömmlinge in andere Unterkünfte zu vermitteln, dass sie sich um kaum etwas anderes kümmern können.“ Früher hätten diese noch dafür sorgen können, dass die Frauen alleine in einem Zimmer gelegen hätten. Das sei vorbei. „Es gab gerade ein Zimmer mit drei Schwangeren und einer Frau mit einem Neugeborenen – da kommt keine zur Ruhe.“
Ein weiteres großes Problem sei das Essen. Drei Scheiben Weißbrot, ein Becher Tee, Käse, eine halbe Tomate, ein paar Scheiben Gurken – so schildern BewohnerInnen ihr Abendessen. „Das ist für Stillende und Schwangere einfach zu unausgewogen.“ Hinzu komme, dass viele zu wenig essen würden, sagt Pötzsch. Das liege nicht nur an den Mengen und daran, dass das Essen nicht den Nahrungsgewohnheiten der Frauen entspricht, sondern auch daran, dass sie nicht zum Essen kommen. „Manche sind einfach zu schwach, um nach unten in die Kantine zu gehen“, sagt Pötzsch. Weil der Fahrstuhl stecken bleibe, dürfe er nicht benutzt werden. Oder sie müssten einen der zahlreichen Behördentermine wahrnehmen – die sich mit den Essenszeiten überschneiden.
Dies sei für alle der derzeit 240 BewohnerInnen – ausgelegt ist die Zast für 160 Menschen – ein Problem, bestätigt Marc Millies vom Bremer Flüchtlingsrat. „Es gibt feste Kantinenzeiten. Wer diese nicht einhalten kann, bekommt später nichts und darf sich auch nichts mitbringen lassen“, berichtet er. „Eine Familie hat erzählt, dass sie ihre schlafenden Kleinkinder um sieben Uhr morgens in die Kantine tragen und bei der Essensausgabe hochhalten müssen, um für sie eine Mahlzeit zu erhalten“, sagt Anna Schröder von der Flüchtlingsinitiative Bremen. Gemeinsam mit Medinetz Bremen, das sich um die Gesundheit von Migranten kümmert, machten sie und Millies gestern auf die Zustände in der Zast aufmerksam.
Neben der aus ihrer Sicht mangelhaften Ernährung kritisierten sie die ungenügende Reinigung der Anlage, insbesondere der Sanitärräume. „Viele leiden unter Verstopfung, weil sie sich nicht auf die Toilette trauen“, sagt die Ärztin Vera Bergmeyer von Medinetz. „Es gibt keine Möglichkeit, selbst zu reinigen oder gar zu desinfizieren.“ Zu kurz komme auch die ärztliche Versorgung vor Ort. „Es gibt nur eine Sprechstunde, vor der die Leute Schlange stehen.“
Zu wenig Beratung gebe es auch in Rechtsfragen, kritisiert Anna Schröder von der Flüchtlingsinitiative. Jeden Monat würden 110 neue Anträge auf Asyl gestellt – die Rechtsberatung sei aber auf zwei Stunden die Woche beschränkt. Weil auch den Behörden klar sei, dass das nicht ausreicht, bekämen die Neuankömmlinge in der Zast ein Flugblatt ausgehändigt. Auf dem sei unter anderem die ehrenamtliche Beratung der Flüchtlingsinitiative genannt. „Das muss der Staat leisten!“, fordert Schröder.
Sie und die anderen beiden AktivistInnen finden, dass nicht die Überbelegung dafür verantwortlich ist, dass Qualitätsstandards in der von der Arbeiterwohlfahrt betriebenen Zast nicht eingehalten werden. „Das ist ein strukturelles Problem“, sagt Millies. „So, wie es jetzt läuft, müsste man sie schließen.“
Die Sozialsenatorin als Aufsichtsbehörde will zu den Vorwürfen im Detail nichts sagen. Das sei Sache der AWO, sagt Pressesprecher Bernd Schneider. „Die Sozialsenatorin hat aber flexiblere Kantinenzeiten angeregt.“ Außerdem versuche man, die Lage in der Zast zu entspannen, indem Wohnungen für Flüchtlinge gesucht würden. Jedes Jahr könnten in solche derzeit 300 bis 400 Menschen umziehen. Um alle unterzubringen, sei Wohnraum für weitere 600 Menschen nötig. Diese Plätze hat gerade die Arbeitsgemeinschaft der Wohnungswirtschaft zugesagt. Ob in Bremen oder Bremerhaven, sagt sie Anfang Oktober.
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