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GRIECHENLANDS EURO-BEITRITT KÖNNTE SKEPTIKER BESTÄTIGENWillkommener Buhmann

Läuft alles nach Plan, wird Griechenland im Juni in die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion aufgenommen. Dann wird sich der Euro aus zwölf statt wie bislang aus elf Währungen zusammensetzen, die unterschiedlich große Anteile an der Gemeinschaftswährung haben.

Aus politischer Sicht ist das gut: Griechenland war bei der Einführung des Euro 1998 das einzige EU-Land, das „draußen bleiben“ musste, weil es die geforderten Kriterien nicht erfüllte, nämlich Geldwertstabilität und ein reduziertes Haushaltsdefizit. Trotz hoher sozialer Kosten hat sich die Regierung des Sozialisten Kostas Simitis in den vergangenen zwei Jahren um Nachbesserung bemüht – und das sollte von Brüssel honoriert werden. Schließlich ist der Beitritt zur Währungsunion die wichtigste Weichenstellung, seitdem Griechenland 1981 in die Europäische Gemeinschaft aufgenommen wurde. Und es ist nur gerecht, wenn die EU-Regierungschefs im Juni großzügig entscheiden: Auch 1998, bei der Einführung des Euro, haben sie bei Ländern wie Irland ein Auge zugedrückt, obwohl dort das Defizit nicht auf das erforderliche Maß von 60 Prozent des Haushalts reduziert worden war.

Aus wirtschafts- und finanzpolitischen Gründen ist hingegen Skepsis angesagt: Bis Mitte der Neunzigerjahre waren Griechenlands Inflationsraten zweistellig. Das muss nicht heißen, dass die Drachme jetzt nicht dauerhaft stabil ist. Das kann aber heißen, dass die Drachme noch nicht den Ruf hat, stabil zu sein. Und Kurse hängen oft weniger von der Stärke der Wirtschaft ab, die sie eigentlich widerspiegeln sollten, als vom Vertrauen, das eine Währung genießt. Das beste Beispiel für die Unberechenbarkeit einer Währung ist derzeit der Euro selbst.

Und weil keiner genau weiß, warum der Euro trotz positiver Konjunktur in Europa immer schwächer wird, ist es denkbar unklug, über die Aufnahme einer weiteren „Weichwährung“ zu verhandeln, während der Euro beinahe täglich negative Schlagzeilen macht. Schon behaupten Konservative wie jüngst der CDU-Fraktionsvorsitzende Merz, die sozialdemokratisch regierten Länder Europas seien schuld – ihre Wirtschaftspolitik schrecke die Investoren ab. Schon sehen sich die Skeptiker bestätigt, die – zu Unrecht – vor der Einführung des Euro warnten.

Wird die Drachme im nächsten Monat in die Währungsunion aufgenommen und sinkt der Euro weiter, könnten solche Kritiker in Griechenland einen willkommenen Buhmann finden. Denn, wie gesagt: Eine Währung reagiert nicht nur auf Wirtschaftswachstum oder Inflation, sondern auch auf das, was über sie gesagt wird – und wenn es noch so hanebüchen ist. KATHARINA KOUFEN

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