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Billiges Baugeld gibt’s beim Staat

Häuser brauchen immer weniger Energie. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau gibt zinsgünstige Kredite für den Bau von Passivenergiehäusern. Niedrigenergiehäuser werden nicht mehr gefördert. Sie gelten inzwischen als Standard

Wer bauen will, braucht Geld. Billiges Geld vor allem. Da lohnt es sich schon mal, den Staat zu fragen: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt auch private Bauherren. Allerdings wurde das Förderprogramm für Häuslebauer schon vor gut einem Dreivierteljahr geändert. Bis dahin gab es noch finanzielle Zuschüsse für Niedrigenergiehäuser. Die jedoch „entwickeln sich zu einem Standardprodukt“, beobachtete man schon seinerzeit bei der KfW.

Aber Standard bedarf keiner besonderen Förderung. Deshalb werden Niedrigenergiehäuser von der Kreditanstalt für Wiederaufbau nicht mehr finanziert. Aus ihrem experimentellen Stadium nämlich sind sie längst hinaus. Es gibt sie – mit positiver Bauerfahrung – als Wohnbauten, Gewerbe- und öffentliche Hochbauten. Im Rahmen verschiedener Forschungsvorhaben „sind zahlreiche Projekte umgesetzt und messtechnisch begleitet“, weiß man beim Fachinformationszentrum Karlsruhe. „Die erforderlichen Mehrinvestitionen für wirtschaftlich sinnvolle Einsparmaßnahmen liegen unter 100 Mark pro Quadratmeter.“

Mit der schon lange angekündigten und mutmaßlich im nächsten Jahr – aber wer weiß das schon – zu verabschiedenden Energiesparverordnung 2000 wird das Niedrigenergiehaus zur Regel. Während herkömmliche Einfamilienhäuser, die in den 70er-Jahren oder früher gebaut wurden, nicht selten bis zu 400 Kilowattstunden (kWh) Heizwärme pro Quadratmeter benötigen, konnte man in den 90er-Jahren diesen Bedarf baulich auf etwa 70 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr senken.

Der nächste Schritt ist aber bereits getan: Statt Niedrigenergiehäusern fördert die Kreditanstalt für Wiederaufbau nunmehr Passivhäuser im Rahmen ihres „Programms zur CO2-Minderung“. Deren jährlicher Heizenergiebedarf darf sich, um als förderungswürdig zu gelten, nur auf maximal 15 Kilowattstunden belaufen. „Der gesamte Primärenergiebedarf – Raumheizung, Warmwasserbereitung und Haushaltsstromverbrauch – darf in einem europäischen Passivhaus 120 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr nicht überschreiten“, weiß man beim Passivhaus-Institut in Darmstadt. Mit anderen Worten: Benötigen ältere Eigenheime etwa 5.000 Liter Öl (und mehr) im Jahr – oder das Äquivalent in anderer Energieform –, brauchen Passivhäuser allenfalls 200 bis 300 Liter, ohne dass deren Bewohner auf warme Räume verzichten müssen, errechnete der Bund der Energieverbraucher.

Mit noch höherer Wärmedämmung, einem besonderen Lüftungssystem sowie der Nutzung von Solarenergie steigen zwar die Baukosten, doch lässt sich anderswo Geld sparen, weil auf eine herkömmliche Heizung verzichtet werden kann. Denn „das Besondere am Passivhaus ist, dass durch höchste Qualität von Gebäudehülle und Haustechnik der Wärmebedarf so weit verringert wird, dass neben einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung durch ein komfortables Lüftungssystem die kostenlosen Energien aus Sonne, Eigenwärme im Haus und Wärmeabgabe von Geräten ausreichend sind, um das Gebäude angenehm warm zu halten“. Architektur, Baustoffe und Haustechnik sind dabei optimiert.

Die anfängliche Mehrinvestition macht sich im Laufe der Jahre durch die eingesparten Heizkosten bezahlt. In einem Passivhaus werde insgesamt „weniger Energie verbraucht, als in durchschnittlichen europäischen Neubauten allein für Haushaltsstrom und die Warmwasserbereitung benötigt wird“, heißt es beim Passivhaus-Institut. Es sei dann „kosteneffizient“, wenn die Gesamtkosten einschließlich Planung und Haustechnik plus Betriebskosten über 30 Jahre nicht höher sind als in einem durchschnittlichen Neubau.

Als Höchstförderung für ein Passivenergiehaus erhalten Bauherren von der KfW pauschal einen Betrag von 50.000 Euro (97.791 Mark) pro Wohneinheit. Dabei sind allerdings Einliegerwohnungen nicht als separate Wohneinheit zu verstehen. Den Investoren werden langfristige Darlehen mit Festzinssätzen gewährt, die jederzeit ohne zusätzliche Kosten vorzeitig zurückgezahlt werden können. Außerdem sind die ersten drei Anlaufjahre tilgungsfrei – das schont die Liquidität des Kreditnehmers in der ersten Zeit. Die Darlehen werden über die Hausbank des Bauherren beantragt und ausgezahlt. Die Kreditlaufzeit beträgt maximal 20 Jahre. Die Zinssätze liegen unter dem Kapitalmarktniveau und sind für die ersten 10 Jahre festgeschrieben. Danach wird der Zinssatz neu bestimmt. Der aktuelle Zinssatz lässt sich bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau erfragen (siehe Kasten). Er liegt derzeit bei effektiv 4,91 Prozent pro Jahr (Stand: 17. 4. 00). Einer Studie des Freiburger Büros für Solarmarketings zufolge könnten in den nächsten fünf Jahren bundesweit bis zu 24.000 Passivhäuser entstehen und weitere 40.000 bis 80.000 in den fünf Jahren danach. Diese Prognose stützt sich auf eine Marktbefragung unter Bauträgern und Herstellern von Fertighäusern, die damit allerdings, vermuten Kritiker, womöglich nur ihren Goodwill bekunden und zeigen, dass sie sich dem Markt hinsichtlich ihrer Produktionsbedingungen gewappnet fühlen.

Nach dem Niedrig- und Passivenergiehaus kann eigentlich folgerichtig nur das „Plusenergiehaus“ kommen – ein Name, den der süddeutsche Solararchitekt Rolf Disch kreierte und an dessen Verwirklichung er nunmehr arbeitet: Das Haus erzeugt mittels Sonne mehr Energie, als seine Bewohner selbst verbrauchen. alo

Hinweis:

Als Höchstförderung erhalten Bauherren von der KfW pauschal einen Betrag von 50.000 Euro

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