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Familiennachzug nur für eierlegende Wollmilchsau

■ Allein erziehende Bremerin soll genug für die ganze Familie verdienen, bevor ihr Ehemann ein Visum bekommt / EU-Recht könnte Behördenpraxis bald ein Ende setzen

Kein EU-Land handhabt die Familienzusammenführung von Ausländern so res-triktiv wie Deutschland. Aber die Tage der entsprechenden Gesetze scheinen gezählt: Das EU-Parlament arbeitet an einer Vereinheitlichung der Rechtslage. Setzt sich der portugiesische EU-Kommissar für Innen- und Rechtspolitik, Antonio Vitorino, mit seinem liberalen Entwurf für eine europäische Richtlinie durch, wird Deutschland viel mehr Ausländer als bisher ins Land lassen müssen. Doch so lange verhindert das Bremer Innenressort die Zusammenführung ausländischer und bi-nationaler Familien mit der Brechstange.

Zum Beispiel Cecilia N. und Opoku M.: Das ghanaische Ehepaar, das sich 1997 in Berlin kennen lernte, hat ein gemeinsames Kind. Aber der zweijährige Richmond kennt seinen Vater nur vom Telefon. Opoku M. wurde kurz nach der Geburt seines Sohnes nach Ghana abgeschoben, weil er nach Ablehnung seines Asylantrags untergetaucht war. Noch während der dreimonatigen Abschiebehaft heirateten die beiden – in Ghana durch eine gemeinsame Erklärung der Eltern möglich. Aber die deutschen Behörden erkannten die Ehe nicht an. Zunächst wollte die ghanaische Botschaft nicht an der Trennung der jungen Familie mitwirken, stellte aber im fünften Anlauf schließlich doch die Reisedokumente aus.

Seitdem sind mehr als zwei Jahre vergangen, in denen die in Bremen aufgewachsene Cecilia N. alles getan hat, um ihren Ehemann wiederzubekommen: Ohne ihr Baby reiste sie nach Ghana, um ihren Mann erneut zu heiraten. Mit Hilfe ihrer Bremer Angehörigen beglich sie die Abschiebekosten in Höhe von 7.214 Mark, wie vom zuständigen Ausländeramt in Eisenhüttenstadt als Bedingung für die Wiedereinreise gefordert. Aber dem Bremer Ausländeramt genügt das nicht: Die Beamten verlangen ein gesichertes Familieneinkommen.

Seine Frau brach daraufhin den Erziehungsurlaub vorzeitig ab und suchte sich eine Stelle in einer Modeboutique. Aber obwohl das Jugendamt für den kleinen Richmond eine Tagesmutter finanziert, kann die allein erziehende Mutter nicht mehr als dreißig Stunden arbeiten und geht mit 1.600 Mark im Monat nach Haus. Zu wenig, sagt die Ausländerbehörde. Cecilia N. müsste rund 2.200 Mark verdienen, um die Inanspruchnahme von Sozialhilfe durch die Familie auszuschließen. Ihr schriftlicher Verzicht auf Sozialhilfe und eine Bürgschaft von Richmonds Patentante spielen da keine Rolle. Dabei könnte alles so einfach sein: Wenn Opoku M. einreisen dürfte, könnte er das Kind versorgen – die Tagesmutter wäre überflüssig und die examinierte Krankenschwester Cecilia N. könnte in diesem Mangelberuf ohne weiteres den Lebensunterhalt für die ganze Familie verdienen.

Für das Jugendamt dagegen ist es, als wäre der Vater schon wieder da: Seit der Heirat zahlt es keinen Unterhaltsvorschuss für den Zweijährigen mehr, die bis dahin aufgelaufene Summe musste die Mutter zurückzahlen. Damit ihr Mann auch tatsächlich nach Bremen zurückkehren kann, hat er Klage vor dem Kölner Verwaltungsgericht eingelegt. Sein Antrag auf eine einstweilige Verfügung wurde jedoch zunächst abgelehnt: Aus der UN-Kinderschutzkommission mochte das Gericht keine ausländerrechtlichen Folgen ableiten. Die verpflichtet die Behörden eigentlich zur wohlwollenden Prüfung von Familienzusammenführungen, ist aber für die Richter nicht bindend: Sie verwiesen auf ein Zusatzprotokoll, mit dem die Bundesrepublik geregelt habe, dass die Konvention nicht über dem Ausländerrecht steht. Um seinen absurden Fall zu lösen, hat sich das Ehepaar nun auch mit einer Petition an die Bremer Bürgerschaft gewandt.

Im Innenressort will man sich mit Verweis auf das „laufende Verfahren“ nicht äußern. Sprecher Hartmut Spiesecke sagt nur so viel: „Dass Ausländer für eine Familienzusammenführung einen gesicherten Lebensunterhalt nachweisen müssen, entspricht der Rechtslage. Außerdem sind Familienzusammenführungen ja in zwei Richtungen möglich...“. Für Cecilia N. ist das wenig hilfreich. Die 23-Jährige sagt: „Nach 12 Jahren in Bremen könnte ich gar nicht mehr in Ghana leben.“

Dorothea C.-V. dagegen wird ihren gambischen Ehemann demnächst wieder in die Arme schließen können (taz berichtete). In der deutschen Botschaft im senegalesischen Dakar erhielt er schließlich das Visum, das er für eine Aufenthaltsgenehmigung benötigt. Die ständige Sorge um ihren Mann und die beträchtlichen Reise und Gerichtskosten haben Dorothea C.-V. allerdings zermürbt. Ihre Ausbildung zur Lehrerin will sie abbrechen. „Ich schaffe das nicht mehr“, sagt sie. Die Referendarin hat sich mittlerweile mit sechs deutsch-afrikanischen Paaren in ähnlicher Situation zu einer Gruppe unter dem Dach des Internationalen Menschenrechtsvereins zusammengeschlossen. „Und ich höre ständig von neuen Fällen“, sagt sie: „eine hochschwangere Frau, die zum Heiraten nach Gambia ausreisen muss; ein Paar, das nach Nigeria auswandern muss, weil die dortige deutsche Botschaft seinen Fall nicht bearbeitet.“

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