EU will Solana schicken

Im philippinischen Entführungsdrama soll der EU-Beauftragte in Manila auf eine friedliche Lösung drängen. Präsident erklärt Separatisten den Krieg

ZAMBOANGA taz ■ Auf der südphilippinischen Insel Jolo haben sich die Entführer der 21 Touristen und Hotelangestellten gestern wieder Gefechte mit dem Militär geliefert. Dabei wurden auch Granatwerfer eingesetzt. Derweil beschlossen die EU-Außenminister auf ihrer Tagung auf den Azoren, ihren Beauftragten für die gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik, Javier Solana, auf die Philippinen zu schicken. Er soll dort am Dienstag eintreffen und der Regierung in Manila den EU-Standpunkt zum Geiseldrama erläutern. Unter den Entführten sind drei Deutsche und je zwei Finnen und Franzosen.

Der philippinische Präsident Joseph Estrada erklärte gestern den muslimischen Separatisten seines Landes den Krieg. Seine Regierung und die Armee werde „die Einheit des Landes verteidigen, auch wenn es uns das Leben kostet“, sagte Estrada bei einem Blitzbesuch im Süden des Landes. Dort halten islamistische Rebellen der Abu-Sayyaf-Guerilla zahlreiche Menschen in ihrer Gewalt. „Wir werden keinen Terrorismus akzeptieren“, fügte Estrada hinzu, „sondern ihn mit der vollen Macht der Armee und Polizei bekämpfen.“ Damit reagierte er auf den wachsenden Druck im In- und Ausland, eine Lösung für die Unruhen der muslimischen Minderheit zu finden und eine Freilassung der Geiseln in zwei Entführungsfällen zu erreichen.

Für die 21 Geiseln, die seit zwei Wochen in der Gewalt von Abu Sayyaf sind, brachte der Besuch allerdings wenig Hoffnung. Ihnen droht eine lange Gefangenschaft. Bis gestern hatte die Regierung noch nicht einmal begonnen, ernsthafte Verhandlungen mit den Entführern zu führen. „Wir kennen die Forderungen der Kidnapper nicht“, erklärte nach der Präsidentenrede ein Sprecher des Militärs in der Stadt Zamboanga.

Über die Lage der Entführten, darunter der dreiköpfigen Lehrerfamilie Wallert aus Göttingen, wollte der Offizier nur so viel sagen: „Alle sind am Leben.“ Sie werden offenbar in einer Palmenplantage in der Nähe in der Nähe des Dörfchens Lumping auf der Insel Jolo festgehalten. Wie zwei Reporter der Nachrichtenagentur AP berichteten, die am Samstag einen Arzt zum Versteck der Rebellen begleiteten, werden die Geiseln in einem Käfig aus Ästen festgehalten. Sie seien schwach und niedergeschlagen.

Die Armee habe das Gelände umzingelt, um zu verhindern, dass die Entführer Hilfe von ihren Komplizen bekämen, sagte der Militärsprecher. Eine militärische Befreiungsaktion schloss er jedoch aus: Die Armee werde „alles tun, um das Leben der Geiseln zu schützen und diese nicht zu gefährden“, betonte er. Man werde nicht angreifen, „solange wir nicht provoziert werden“.

Ein Ultimatum an die Entführer gebe es jedoch nicht, betonte er. Damit dementierte er einen Bericht aus dem Umkreis des Chefunterhändlers Nur Misuari, in dem von einer „48-Stunden-Frist“ die Rede war. Ein Abgesandter der Regierung habe das Abu-Sayyaf-Lager erst am Wochenende erreicht und sei noch nicht zurückgekehrt. In einem zweiten Entführungsfall auf der nahe gelegenen Insel Basilan werden immer noch neun philippinische Geiseln vermisst, die bereits seit über sieben Wochen von einer anderen Abu-Sayyaf-Truppe festgehalten werden. Am Samstag hatten Soldaten die Überreste von zwei Geiseln gefunden, die offenbar bereits vor zwei Wochen geköpft worden waren. Präsident Estrada besuchte gestern im Armeekrankenhaus von Zamboanga drei Kinder und ihre drei Lehrer, die vor wenigen Tagen freigekommen waren. Vier weitere Geiseln aus dieser Gruppe waren hingerichtet worden. JUTTA LIETSCH

Hinweis:Die philippinische Regierung hat noch nicht einmal ernsthafte Verhandlungen mit den Entführern in Jolo begonnen