informatik im schröderland II: Wie man einen Informatikstudiengang gründet
INFORMATIKER STATT INDOLOGEN
Informatiker, das weiß man inzwischen auch in Niedersachsen wieder, haben „glänzende Berufsaussichten und Verdienstmöglichkeiten“. Deshalb begrüßt der niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann, dass man an der Georg-August-Universität Göttingen ab dem kommenden Semester „Angewandte Informatik“ studieren kann. Das Geld für den neuen Studiengang kommt allerdings nicht aus Oppermanns Wissenschaftsetat. Sponsor ist die Industrie. Das Göttinger Datenverarbeitungs-Unternehmen Sycor finanziert mit einer Million Mark den ersten Lehrstuhl. „Nicht zuletzt hoffe ich, dass wir mit der Stiftungsprofessur dazu beitragen, den steigenden Personalbedarf bei Sycor zu decken“, freut sich der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Georg Näder. Und auch in der Universität ist man glücklich: „Wir haben in kürzester Zeit auf den Bedarf der Wirtschaft reagiert“, berichtet der Präsident der Georgia August, Horst Kern.
Gehen nun also Wissenschaft und Wirtschaft Hand in Hand für den High-Tech-Standort Deutschland? Ist die traditionsreiche Uni Göttingen ein Beispiel für gelungene Public-Private-Partnership? Zu schön, um wahr zu sein. Denn Minister Oppermann verschweigt gern, dass der Finanzbedarf des neuen Informatik-Studiengangs erheblich höher ist als eine Million Mark. Insgesamt sind fünf Professuren vorgesehen. Und das Geld für die Lehrstühle 2 bis 5 wird nicht in Form zusätzlicher Mittel aus seinem Budget kommen. Da ist sich Oppermanns Sprecherin Petra Kirchhoff sicher. Sondern „aus Umschichtungen innerhalb der Universität“. Schon beginnen in Göttingen die Studenten der Orchideen-Fächer nervös zu werden: Heißt die neue Parole „Informatiker statt Indologen“?
Das könnte das Resultat sein. Kirchhoff zufolge plant die Göttinger Universität eine Reform ihres „eher klassisch zugeschnittenen Angebots“. Will sagen: Für die IT müssen andere Fächer bluten. Macht ja nichts: In fünf Jahren findet sich sicher eine Firma, die einen Lehrstuhl für dringend gesuchte Regionalwissenschaftler einrichtet. YAS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen