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Gaddafis Vermittler

Auf dem libyschen Exbotschafter as-Saruk ruhen die derzeit einzigen Hoffnungen auf eine Freilassung der 21 Geiseln auf den Philippinen

Radschab as-Saruk war längst in seine nordafrikanische Heimat zurückgekehrt, als ihn vergangene Woche ein Anruf von Staatschef Muammar al-Gaddafi erreichte. Der bat den Diplomaten, der inzwischen eine libysche Wohltätigskeitsorganisation leitet, schleunigst seinen Koffer zu packen und nach Manila zu fliegen. Dort war as-Saruk von 1990 bis 1999 der Vertreter Libyens gewesen. Als solcher half er schon 1996, ein Friedensabkommen zwischen der separatistischen Muslim-Guerilla MNLF und der Regierung zu vermitteln. Auch verhandelte er erfolgreich bei drei anderen Geiselnahmen im Süden des Landes.

Die Einbeziehung as-Saruks hatten die Kidnapper der islamistischen Guerillagruppe Abu Sayyaf gefordert. Sie akzeptieren den von der Regierung ernannten Chefunterhändler Nur Misuari nicht, weil der zur Regierung übergelaufene MNLF-Führer für sie ein Verräter ist. Wie Die Welt erfahren haben will, soll auch die Bundesregierung über den früheren Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer Gaddafi um Vermittlung gebeten haben.

Libyens Staatsführung hat gute Kontakte in die Südphilippinen. Tripolis unterstützte dort jahrelang die muslimischen Separatisten und bildete viele von ihnen aus. MNLF-Chef Misuari verbrachte fast zwei Jahrzehnte im libyschen Exil. Gleichzeitig war Tripolis schon früh vermittelnd tätig. So schloss Misuari 1976 in Tripolis ein erstes Friedens- und Autonomieabkommen mit der philippinischen Regierung in Gestalt der damaligen Diktatorengattin Imelda Marcos.

Für Libyens Regierung kommt eine Vermittlung as-Saruks gelegen. Sie bietet dem Land eine weitere Chance, seinen Ruf als „Schurkenstaat“ loszuwerden, was die Regierung derzeit schon durch die Auslieferung der mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter versucht.

„As-Saruk hat in Libyen nie eine politische Rolle gespielt“, sagt der Libyen-Experte des Deutschen Orientinstituts, Hanspeter Mattes. „Er ist ein niederrangiger Diplomat, aber er kennt das Terrain.“ Berichten zufolge soll er mindestens einen der Entführer persönlich kennen.

As-Saruk erhielt das Verhandlungsmandat der philippinischen Regierung und der Organisation Islamischer Staaten. Er, Misuari und der islamische Geistliche Ustaz Ghazali Ibrahim sind jetzt die Unterhändler. Während die Kompetenzen der drei unklar sind, werden auf as-Saruk die meisten Hoffnungen gesetzt.

Die erhoffte Freilassung der erkrankten Deutschen, Renate Wallert, konnten er und Ibrahim bei ihrem gestrigen Besuch bei den Entführern jedoch nicht erreichen.

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