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Mehr Oper für weniger Geld

Die Stuttgarter Oper gilt als die beste der Republik. Sie kommt mit weit weniger Subventionen aus als die großen Berliner Musiktheater. Das gilt auch für Zürich

Den Begriff hält der Berliner Kultursenator stets bereit, wenn er über die Finanzen der Berliner Opernhäuser doziert: Einen Zustand der „auskömmlichen Armut“ will Christoph Stölzl den Theatern garantieren – eine pekuniäre Kalorienzufuhr also, die sie nicht zu Hungerleidern macht, aber auch keine Fettpölsterchen mehr zulässt.

Da wird dem Senator niemand widersprechen. Die Frage ist nur: Wo ist die Grenze, die den Sparkünstler vom Hungerleider scheidet? Wann lässt sich ein Opernhaus, das jeden Abend spielen und großstädtisches Niveau halten soll, nicht mehr betreiben?

Die Frage ist kaum gestellt, schon richten sich die Augen der Experten nach Stuttgart. Das Opernhaus der württembergischen Hauptstadt, nach dem Urteil der meisten Kritiker derzeit das mit Abstand beste der Republik, kommt mit fast einem Viertel weniger Subventionen aus als die beiden teuersten Häuser in Berlin.

Qualität, das haben die sparsamen Schwaben vorexerziert, ist nicht – oder zumindest nicht nur – eine Frage des Preises. Im Gegenteil: Während in Berlin etwa die Deutsche Oper das Publikum oft mit teuren Altstars anlockt, suchen die Stuttgarter lieber nach jungen, aufstrebenden Kräften. Dass das Musiktheater Verwaltung und Werkstätten mit dem Schauspielhaus teilt, ist am Neckar ohnehin selbstverständlich.

Der zweite Blick wandert nach Zürich. Mit hohen Eintrittspreisen und üppigen Sponsorengeldern spielt Opernchef Alexander Pereira einen ungewöhnlich großen Teil seines Etats selbst ein. Geldgeber lassen sich freilich nur gewinnen, wenn es vorzeigbare Projekte gibt. Folglich produzieren die Schweizer Premieren am laufenden Band, während die Berliner Häuser teils jahrzehntealte Produktionen abnudeln. Weil in Berlin finanzkräftige Zuschauer und Sponsoren aber Mangelware sind, wird sich das Modell Zürich allerdings kaum übertragen lassen.

Aber die Berliner Kulturpolitik könnte sich selbst helfen – wenn sie auf einen Vorschlag zurückgreift, den der Geschäftsführer der Deutschen Oper, André Schmitz, vor einigen Monaten gemacht hat. Einige Millionen ließen sich sparen, würden die drei Opernhäuser Verwaltung und Werkstätten nach Stuttgarter Vorbild fusionieren. Auch hält es Schmitz in einer Stadt mit drei Musiktheatern nicht für nötig, dass jede Oper ein Orchester in Maximalbesetzung unterhält. Würden sich die Musiker gegenseitig aushelfen, ließe sich der Personalbestand deutlich verringern. Spareffekt insgesamt: Rund ein Zehntel der gesamten Opernetats. RAB

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