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Senator auf Holzweg

Im Wohldorfer Wald verbindet ein Erlebnispfad seit gestern Naturerleben mit dem Erforschen von Stadtteilgeschichte  ■ Von Sandra Wilsdorf

Früher haben die Hamburger Senatoren hier ihre Wochenenden verbracht. Auf dem „Senatorenweg“, den sie damals genommen haben, wachsen heute Bäume, und überhaupt ist alles ganz anders: Als Umweltsenator Alexander Porschke gestern zu Besuch im Wohldorfer Wald war, wählte er nicht den Senatorenweg, sondern rannte über einen „Wackelpfad“ und mindes-tens 50 kleine Kinder hinter ihm her. Das hängebrückenartige Holzgerüst soll vermitteln, wie sich ein Eichhörnchen auf einem Ast fühlt. Porschke eröffnete Hamburgs ers-ten historisch-ökologischen Erlebnispfad.

Der führt sieben Kilometer lang durch den Wald zwischen Wohldorf und Ohlstedt. An 30 Stationen gibt es etwas zu lernen oder zu erleben. Mal sind es Informationstafeln, die beispielsweise berichten, dass der Wohldorfer Wald Mitte des 15. Jahrhunderts an den Hamburger Rat verkauft wurde, dass hier früher Schweine weideten und er heute der größte zusammenhängende Laubwald Hamburgs ist. In der Begleitbroschüre mutmaßt die Autorin, dass das daran liege, dass bis 1830 jedes Brautpaar im Wald 12 Eichen und 12 Buchen pflanzen musste, bevor es heiraten durfte.

Während ein Teil der Informationstafeln über die Historie des Waldes und eines Teils der angrenzenden Gebäude informiert, gibt es an den „Naturerlebnisstationen“ etwas zu finden, fühlen oder zu tun. An der Station „Sprunggrube“ beispielsweise kann man von einem Holzklotz springen. Ob man es nur so weit schafft wie eine Maus oder die vier Meter, die ein Eichhörnchen springt, verraten die bemalten Holzblöcke neben der Sprunggrube. Unter den Bildern versteckt sich das Spurenbild des jeweiligen Tieres.

Die Umweltpädagogin Christiane Blömeke hatte Idee und Konzept für den Pfad. Sie überzeugte Jürgen Zweifel, Leiter der Grund- und Realschule Am Walde, und das Ganze lief als Projekt der Grund- und Realschule, mit dem die Schule sich dem Stadtteil öffnet und außerschulische Lernorte erschließt. SchülerInnen haben Patenschaften für einzelne Stationen übernommen. „Die Schule und der Wald gehören zusammen. Früher stand die Schule sogar im Wald, heute joggen wir da immer durch“, sagt Tobias Siegel aus der achten Klasse. Und Dennis Barth erklärt: „Wir sollen einmal pro Woche nachschauen, ob an unserer Station alles in Ordnung ist.“ Wenn nicht, sollen sie es möglichst auch reparieren.

Die Idee, Naturerleben und Stadtteilgeschichte auf diese Weise zu verbinden, überzeugte auch die Geldgeber. BürgerInnen spendeten, die Forstabteilung der Umweltbehörde bezahlte die Naturerlebnisstationen, und die Schulbehörde gab der Schule Am Walde Geld aus ihrem Innovationsfonds. „Weil hier die Öffnung zum Stadtteil besonders gut gelungen ist“, begründet Landesschulrat Peter Daschner.

Kommen aber sollen alle: „Wanderer, Schulklassen, eben alle, die zur Naherholung hierher kommen“, sagt Christiane Blömeke.

Die Begleitbroschüre zum Erlebnispfad kostet zwei Mark, sie liegt an einigen Stationen aus oder kann gegen Rückporto bei der Schule am Walde, Kupferredder 12, 22397 Hamburg, % 6058020 bestellt werden.

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