: Treibstoff für den Osten
Osteuropabank vertraut Russland wieder, aber Putin soll den Bankensektor reformieren. Manchen Balkanländern geht es angeblich wirtschaftlich besser als vor dem Krieg. Kredite für Ölförderung stoßen auf Kritik von Umweltschützern
von MAIKE RADEMAKER
Im Mittelpunkt der gestern zu Ende gegangenen Jahrestagung der Osteuropabank (EBRD) im lettischen Riga stand die Wahl eines neuen Präsidenten. Nachdem der Deutsche Horst Köhler zum Internationalen Währungsfonds abwanderte, nimmt nun ein Franzose den Platz ein: Jean Lemierre (49) vom Pariser Finanzministerium. Thema war außerdem die zukünftige Kreditpolitik in Russland. Neben den EBRD-Gouverneuren nahmen 2.000 Banker und Unternehmer teil.
Nach der russischen Finanzkrise hatte die EBRD, einer der wichtigsten Finanziers im Osten, den Anteil der Kredite für das Land auf unter 10 Prozent des Bankbudgets gedrückt. Kein Wunder, hatte die Bank doch noch 1998 für faule Kredit und Beteiligungen vor allem in Russland eine Milliarde Mark abschreiben müssen. Unter der Bedingung, dass die russische Regierung den Bankensektor reformiert, will die von 58 Regierungen getragene Osteuropabank nun ihr Kreditvolumen wieder auf die vorherige Höhe von 30 Prozent am Gesamtbudget erhöhen.
Auch auf dem Balkan will sich die Bank verstärkt engagieren. Einige Balkanstaaten hätten in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung paradoxerweise sogar vom Kosovo-Krieg im vergangenen Jahr profitiert, sagte der Balkan-Beauftragte der Bank, Olivier Descamps. In den Ländern des Stabilitätspaktes gälten nun andere Regeln, vor allem hätten sie sich für ausländisches Kapital geöffnet. „Das Kosovo, Albanien und Makedonien stehen wirtschaftlich auf einer besseren Basis als vor dem Krieg“, sagte er. In diesen Staaten werde die Bank in den nächsten zwei Jahren Infrastrukturmaßnahmen in Höhe von 600 Millionen Mark fördern.
Die in London ansässige Osteuropabank wurde 1991 mit dem Ziel gegründet, den wirtschaftlichen Aufbau in den östlichen Transformationsländern mit Krediten zu fördern. Insgesamt stehen ihr dafür rund 4,5 Milliarden Mark pro Jahr zur Verfügung. Unterstützt werden neben kleinen und mittleren Unternehmen wie Brauereien auch ökologisch umstrittene Projekte wie Ölförderung und Atomkraftwerke.
Anlässlich der Tagung protestierte die regierungsunabhängige Organisation „CEE Bankwatch“ gegen das geplante Ölförderprojekt Frontera in Aserbaidschan und Georgien. Rund ein Drittel des Ölvorkommens liege in einem Naturschutzgebiet. Entgegen ihren eigenen Richtlinien führe die EBRD trotzdem keine Umweltverträglichkeitsprüfung für alle Teile des Projektes durch, sagte Petr Hlobil von CEE Bankwatch. Kritiker des Projektes würden nach Angaben der georgischen Grünen mit Jobverlust bedroht. Die Umweltschützer fürchten, dass das Projekt zu einer weiteren Verschmutzung des Schwarzen Meeres führen würde. Für die beiden Phasen des Projektes sollen insgesamt 70 Millionen Dollar bewilligt werden.
Ein weiterer Ölkredit geht an Russland. Im Zuge der neuen Vetrauensbildung verlieh die EBRD rund 300 Millionen Mark an die führende russische Ölfirma Lukoil. Das ist der zweitgrößte Kredit, der Russland je von der EBRD bewilligt wurde. Das Unternehmen soll damit Ölförderung, -verarbeitung und Export finanzieren.
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