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AHA-Erlebnisse das ganze Jahr

Nach der Auswertung des Einsatzes am 1. Mai fordern immer mehr Beamte die Öffentlichkeitsoffensive AHA als ständiges Polizeikonzept

von PLUTONIA PLARRE

Immer mehr Polizisten haben von der Abschottungspolitik ihrer Behörde die Nase voll. „Die Polizei hat über Jahrzehnte versäumt, ihre Vorgehensweise transparent zu machen“, sagt Polizeirat Uwe Sieber, der am 30. April und 1. Mai die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeits-Gruppe AHA (Aufmerksamkeit, Hilfe, Appelle) geleitet und den Einsatz jetzt ausgewertet hat. Seine Schlussfolgerung: Das AHA-Konzept muss ausgebaut und ganzjährig praktiziert werden. Zudem brauchen die örtlichen Direktionen bei der Öffentlichkeitsarbeit mehr Freiräume.

Am 30. April und 1. Mai waren Sieber 230 Beamte unterstellt. Sie sollten so genannte erlebnisorientierte Jugendliche durch Sport- und Kulturveranstaltungen sowie durch „konfliktreduzierende Gespräche“ von Randale abhalten. Dieses Vorhaben sei am 30. April in Prenzlauer Berg und am Nachmittag des 1. Mai in Kreuzberg geglückt, so Sieber. Bei der entscheidenden Demonstration am Abend des 1. Mai, die wie in den Vorjahren in eine Straßenschlacht ausartete, habe die Polizei die Zielgruppe allerdings nicht erreicht.

Neben „gewaltbereiten Autonomen“ und „stark angetrunkenen Menschen von einem verwahrlosten Erscheinungsbild“ hätten sich an den Krawallen auffällig viele „ganz normal aussehende, modisch gekleidete Jugendliche“ beteiligt, die beim Steinewerfen noch nicht einmal die Gesichter verhüllt hätten. „Diese Aktionsqualität erinnert stark an die der Hooligan-Szene.“ Diese „erlebnisorientiert-gewaltbereiten Jugendlichen“ könne man mit Aktivitäten wie der von der Polizei in der Bergmannstraße organisierten „1. Kreuzberger Sportmeile“ offenbar „nicht begeistern“.

Dem Bezirksbürgermeister von Hellersdorf, Uwe Klett (PDS), und dessen Kollegen von Prenzlauer Berg, Reinhard Kraetzer (SPD), dankt Sieber für ihr großes Engagement und die gute Kooperation. Bei dem Kreuzberger Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) sei davon nichts zu spüren gewesen.

Zur Aufarbeitung des AHA-Einsatzes gehört auch eine groß angelegte Fragebogenaktion, die die Polizei zurzeit in den Jugendclubs, bei der Bevölkerung und den Medien durchführt. Von den Jugendlichen „der Szene“ in Kreuzberg, Friedrichshain und Prenzlauer Berg erhofft sich Sieber Vorschläge für künftige AHA-Veranstaltungen: „Am besten wäre es, dass AHA-Konzept ganzjährig zu fahren.“ Nur so könnten die Kontakte zu den Jugendeinrichtungen und Bezirken intensiviert werden. Spätestens im Oktober müsse ein aus sämtlichen Polizeibereichen zusammengesetzter AHA-Vorbereitungsstab die Planung für den 1. Mai 2001 aufnehmen. Für eine transparentere Arbeit der Polizei auch im Alltag regt Sieber an, den örtlichen Direktionen bei der Öffentlichkeitsarbeit „mehr Freiraum für eigene Konzeptionen zu lassen“. Voraussetzung sei die Erstellung eines „stadtweiten Rahmenkonzepts“.

Der Chef der Schutzpolizei, Gernot Piestert, hat sich direkt nach dem 1. Mai dafür ausgesprochen, das AHA-Konzept zur „ständigen Polizeistrategie“ zu machen. Die Gewerkschaft der Polizei sympathisiert mit der Idee, hat aber wegen der Personalknappheit Bedenken, Beamte für das Sonderprojekt freizustellen.

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