Der nicht über Aktien reden mag

Volkswagen baut mehr Autos, macht mehr Gewinn, schluckt die oder andere Firma – trotzdem sackte der Aktienkurs um ein Viertel seit Jahresfrist. Auf der gestrigen Hauptversammlung ließen die Aktionäre Konzernchef Piëch ihren Frust spüren

von MATTHIAS URBACH

Mehr kann ein Konzernchef nicht versprechen: „Wir gehen von einer deutlichen Steigerung von Absatz, Umsatz und Ergebnis aus“, erklärte VW-Vorstand Ferdinand Piëch gestern auf der Hauptversammlung von Volkswagen in Hamburg. Das würde einen neuen Rekord bedeuten, nach den Spitzenwerten von 1999 mit 4,9 Millionen verkauften Autos und 1,7 Milliarden Mark Gewinn.

Doch das ist Shareholdern heutzutage nicht mehr genug. Kein Wort über den niedrigen Aktienkurs habe er verloren, mäkelten die Aktionäre auf der Versammlung. Es habe keinen Sinn, „nur perfekte Autos“ zu bauen, nörgelte ein Vertreter der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Piëch solle „perfekte Kurse“ zimmern. Schließlich liege der Wert aller VW-Aktien mit ungefähr 18 Milliarden Euro sogar noch ein Zehntel unter dem von BMW. Und die Deutsche Bank sekundierte: Die VW-Aktie habe sich schlechter entwickelt als andere Autokonzerne. Tatsächlich gab der Kurs innerhalb eines Jahres um ein Viertel nach, während der Dax um vierzig Prozent zulegte. Das tat er freilich vor allem durch Technikwerte wie Schering, SAP und Telekom.

DaimlerChrysler dagegen musste ebenfalls um ein Viertel nachgeben. Die Anleger schauen eben mehr auf Werte, von denen sie sich in Zukunft riesige Gewinne versprechen. Dazu gehört die Autoindustrie, die große Überkapazitäten aufhäuft, gewiss nicht.

So waren gestern die Aktionäre enttäuscht, dabei gab der Volkswagenchef die typischen Shareholder-Stichworte. So war von „Expansion“ die Rede, nämlich bei Nutzfahrzeug. Der Einstieg beim schwedischen Lastwagenbauer Scania sei nur ein „erster, aber entscheidender Schritt“ gewesen, sagte Piëch und ließ seinen Blick noch nach „Asien und Nordamerika“ wandern, wo VW ebenfalls in diesem Segment Fuß fassen wolle. Außerdem billigte der Aufsichtsrat die Übernahme des letzten Drittels der tschechischen Auto-Tochter Skoda.

Doch wessen Aktie sich so mies verkauft, der kann es seinen Aktionären nicht recht machen – auch wenn der Absatz seit Januar schon wieder um 2,8 Prozent stieg. Ein Fondsmanager bemängelte gar den „Größenwahn“ des Vorstandes bei Investitionen, etwa der zu teuren gläsernen Autofabrik in Dresden.

Da kann Volkswagen noch so sehr darauf verweisen, dass der Gewinn im ersten Quartel um 36 Prozent stieg. Auch gestern wollte kaum einer VW-Aktien kaufen. Der Kurs ließ bis nachmittags um weitere 1,6 Prozent nach.