: Noch einmal Erfolg für Clinton
Exporteure triumphieren, Gewerkschaften trauern. Menschenrechte Nebensache
BERLIN taz ■ Es war ein unerwartet deutlicher Erfolg. Drei Viertel der republikanischen und ein Drittel der demokratischen Abgeordneten des Repräsentantenhauses brachte Bill Clinton hinter seinen Vorstoß, China künftig dauerhaft dieselben Vergünstigungen einzuräumen wie den meisten Handelspartnern.
Zwar beschlossen die Abgeordneten gleichzeitig auch die Einsetzung einer Kommission, die ständig die Menschenrechte in China überwachen soll. Doch ist dieser Passus eher ein Alibi im Ritual des Umgangs zwischen beiden Staaten. Auch die prompte Reaktion der chinesischen Regierung, es handele sich um „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“, erfüllt eher eine politische Pflicht.
Der eigentliche Streit, der die meisten demokratischen Abgeordneten bewog, ihrem Präsidenten die Gefolgschaft zu verweigern, lief zwischen Wirtschaft und Gewerkschaften ab. Während die Exportwirtschaft die „China Bill“ vehement unterstützt hatte, fürchteten die Gewerkschaften um US-amerikanische Arbeitsplätze.
Es sei ein „Verrat der Arbeiterinteressen“ sagte George Becker, der Vorsitzende der Stahlarbeitergewerkschaft, und kündigte an, die Gewerkschaft werde in den nächsten Wochen ihre Strategie zu den bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen überdenken. Noch am Dienstag hatte Clinton versucht, die Gewerkschaftsfunktionäre zu überzeugen – doch John J. Sweeney, Vorsitzender des Dachverbandes AFL-CIO, lehnte es ab, sich überhaupt mit dem Präsidenten zu treffen.
Vizepräsident und Wahlkämpfer Al Gore muss wieder einmal den Spagat machen. Schließlich hat er in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Bill Clinton die Freihandelsbemühungen vorangetrieben. Dieses Jahr aber will Gore Wahlen gewinnen, und dazu braucht er die Unterstützung der Gewerkschaften. Deshalb begrüßt Gore zwar die Abstimmung, fordert aber gleichzeitig, „die Anstrengungen fortzusetzen um sicherzustellen, dass die Arbeiter in einer globalen Wirtschaft auch zum Zuge kommen“.
Leichter hat es sein Konkurrent George W. Bush. Der Beschluss bringe eine „stärkere amerikanische Wirtschaft und mehr Möglichkeiten für Freiheit in China“, sagte der Gouverneur aus Texas im Einklang mit der Parteimehrheit. Dass die Vorlage auch im republikanisch geführten Senat eine Mehrheit findet, bezweifelt niemand. PKT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen