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Gedenken Im Namen des Kreuzes

■ Demo und Mahnmal für die Opfer der Kirchengeschichte

Inquisition, Schwertmission, Kreuzzüge – die Geschichte der Katholischen Kirche ist auch eine blutige. Machtausübung, Eroberung und Verbrechen im Namen des Kreuzes – Ralf Speis zählt mindestens 40 Millionen Opfer, die die Kirchengeschichte hinter sich gelassen hat. Es können auch 100 oder 200 Millionen sein, da will er sich gar nicht so genau festlegen. Speis ist überzeugt, dass „die Zahlen heutzutage gar nicht so genau bekannt sind“, und will daher daran erinnern. Am besten mit einem Mahnmal: Heute wird im Vorfeld des Katholikentages in Hamburg für ein solches Mahnmal für die Opfer der Kirche demonstriert.

„Die Gesinnung der Kirche hat sich in ihrer Geschichte im Grunde bis heute nicht geändert“, sagt Speis, der seit zwei Jahren seine Mahnmal-Initiative von Würzburg aus vorantreibt. So wirft er katholischen Pries-tern und Ordensleuten vor, den Massenmord in Ruanda 1994 gedeckt und gebilligt, die Täter teilweise sogar in den Klöstern versteckt zu haben.

Speis glaubt, ein Monument müsse her, um ins Gedächtnis zu rufen, „dass von den Kirchen über viele Jahrhunderte mehr Schrecken und Gewalt ausging als von jeder anderen historischen Organisation“. Auf seiner Homepage www.kirchenOpfer.de hat er von der Hexenverbrennung über die brutale Eroberung und Kolonialisierung Amerikas bis hin zum Sklavenhandel minutiös die von der Kirche geduldeten oder betriebenen Verbrechen aufgeführt. In der Liste der Opfer tauchen bei Speis sogar die Tiere und die Steuerzahler auf.

Wie das Mahnmal genau aussehen soll und wo man es aufstellen könnte, das ist auch für den Initiator noch völlig offen. Berlin wäre als Hauptstadt geeeignet, Speis kann sich aber auch vorstellen, es dezentral in zahlreichen Städten, die „eine mit der Kirche zusammenhängende Geschichte haben“, zu errichten. Ein „namhafter Künstler“, so Speis, habe sich schon bereit erklärt, das Denkmal zu erstellen, er wolle jedoch namentlich nicht genannt werden, „weil er dann natürlich viel Prügel bekommt“.

Speis hätte es gern gesehen, sein Anliegen auch auf dem Katholikentag zu diskutieren, doch bisher habe er von der Amtskirche noch keinerlei Resonanz erhalten. „Das trauen die sich offensichtlich nicht, dazu offen Stellung zu nehmen“, vermutet er: „Das ist immer noch ein Tabu-Thema.“

Heute wird am Glockengie-ßerwall demonstriert. Am Donnerstag spricht zudem der Kirchenkritiker Prof. Hubertus Mynarek im DGB-Haus zum Thema „2000 Jahre blutige Kirchengeschichte“ (19.30 Uhr).

Demo heute, 12 Uhr, Treffpunkt Hauptbahnhof, Ecke Glockengießerwall

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