: Bombenangriff
Äthiopien greift Eritreas Hauptstadt an. In Algier sind Verhandlungen über ein Ende des Krieges geplant
ASMARA/ALGIER ap/taz ■ Erstmals seit dem Wiederaufflammen des Grenzkrieges zwischen Äthiopien und Eritrea haben äthiopische Kampfflugzeuge gestern die eritreische Hauptstadt Asmara angegriffen. Vier Kampfflugzeuge vom Typ MiG-23 bombardierten den neben dem internationalen Flughafen gelegenen Militärflugplatz und feuerten mehrere Raketen ab. Zwei eritreische Kampfflieger des Typs MiG-29 nahmen die Verfolgung auf.
Rauch stieg nach den Angriffen über dem Flugplatz auf, Sirenen heulten und Löschzüge fuhren vor. Es war zunächst unmöglich, das Ausmaß der Zerstörung zu bestimmen. Ein Frachtflugzeug des Roten Kreuzes, das sich in der Nähe aufhielt, startete nach den Angriffen, um sich in Sicherheit zu bringen. Eritrea meldete zudem Kämpfe in der Nähe der Stadt Tsorena, 80 Kilometer von Asmara entfernt.
Erst am Morgen waren Verhandlungsdelegationen beider Staaten unter Leitung der Außenminister zu Friedensgesprächen nach Algier aufgebrochen, wo sie unter Vermittlung der Organisation der Afrikanischen Einheit (OAU) über ein Ende des Grenzkrieges sprechen sollten. Der Angriff auf den Flughafen erfolgte wenige Stunden später. Er ist ein deutliches Signal dafür, dass Äthiopien nach seinen bisherigen Erfolgen auf dem Schlachtfeld mit einem harten Kurs in die Gespräche gehen wird.
Der Beginn der Verhandlungen verzögerte sich jedoch durch die späte Ankunft des äthiopischen Außenministers Seyoum Mesfin. In die indirekten Gespräche über ein Ende des Grenzkrieges wollten sich auch eine Delegation der Europäischen Union und der Sondergesandte von US-Präsident Bill Clinton, Anthony Lake, einschalten. Wenige Tage nach dem Scheitern ähnlicher Gespräche am 4. Mai hatte Äthiopien seine militärische Offensive gegen den kleineren Nachbarn begonnen.
In der vergangenen Woche hatte Eritrea einem Vorschlag der OAU zugestimmt und sich bereit erklärt, seine Truppen aus den umstrittenen Grenzgebieten zurückzuziehen. Für die Regierung in Asmara stellte der Truppenabzug jedoch keine Kapitulation dar. Äthiopien setzte seinen Vormarsch fort und erklärte den Sieg über die zurückweichende eritreische Armee.
„Das ist die Gelegenheit, um den Triumph auszukosten“, rief der äthiopische Präsident Gidasa Negaso am Sonntag vor hunderttausenden singeenden und jubelnden Demonstranten in der Hauptstadt Addis Abeba aus. Bereits zu Beginn des Grenzkrieges 1998 hatte Äthiopien Vororte von Asmara bombardiert, um sich für einen eritreischen Bombenangriff auf eine Schule in Nordäthiopien zu rächen.
Als Folge der neu aufbeflammten Kämpfe sind derzeit hunderttausende Eritreer auf der Flucht. Allein in Dubarwa, einer südlich von Asmara gelegenen Stadt, wurden binnen 24 Stunden 18.000 Flüchtlinge registriert. Die Menschen wurden mit Lastwagen der eritreischen Regierung zu einer Schule gebracht, auf deren Gelände in ein behelfsmäßiges Lager errichtet wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen