: Katholen-Kirmes
■ Kaum Protest auf dem Kirchentag. Kritiker Johannes Dyba segnet Soldaten
Der Heilige Ansgar auf dem Rathausmarkt schaut griesgrämig drein. Vielleicht weil er das Transparent im Blick hat, auf dem steht: „Rom betrügt uns alle“. Das blieb allerdings die einzige plakative Missfallenshaltung gegen die Amtskirche beim Auftakt des Katholikentages. Die Grußadresse des Papstes, die zum Gottesdienst ges-tern morgen am Fischmarkt verlesen wurde, nahmen die fast 20.000 BesucherInnen wohlgefällig auf. Selbst die Querschüsse des Fuldaer Erzbischofes Johannes Dyba gegen den Kirchentag sorgten nur für temperierte Aufregung.
Ein „bunter Jahrmarkt“ sei der Katholikentag geworden, hatte Dyba genörgelt. Stimmt: Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) mahnt größere Anstrengungen zur Integration von Flüchtlingen in Deutschland an, Altkanzler Helmut Schmidt räsonniert über den „gerechten Frieden“, daneben gibt es Trommelzauber für Kinder in Planten und Blomen. Bibelarbeit in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme läuft parallel zur Diskussion um „Donum Vitae“, den Laienverein zur Schwangerschaftskonfliktberatung. Fernsehpastor Jürgen Fliege erklärt dem Volk, wie Kirchensprache heute aussehen soll, und zur selben Zeit wird auf dem Messegelände über islamischen Religionsunterricht und das deutsch-polnische Verhältnis nachgedacht und die faktische Abschaffung des Asylrechtes kritisiert. Alles am gestrigen Nachmittag.
Die Vizepräsidentin des veranstaltenden Zentralkomitees der Deutschen Katholiken ZDK, Annette Schavan, hatte das Konzept des Katholikentages zur Eröffnung am Mittwoch Abend noch einmal verteidigt. Es sei heute „nicht mehr nur wichtig, was in der Kirche, sondern auch um sie herum geschieht“, sagte die baden-württembergische CDU-Kultusministerin. Katholiken müssten „die Freude und Ängs-te, die Hoffnungen und Nöte der Menschen teilen“, das habe nichts damit zu tun, „Trends nachzulaufen“.
Der Kritiker kommt heute selbst: Dyba wird am Vormittag auch am Katholikentag teilnehmen – mit einer Veranstaltung, die ihm nicht missfallen wird. Um 11 Uhr vollzieht er in der Marienkirche in St.Georg einen Gottesdienst – mit und für Soldaten. Peter Ahrens
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