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Erst kommt der Spaß und dann ...

■ Detlef-Andreas Heinichen und Katrin Krebs vom Figurentheater „Theatrium“ bringen jetzt die „Addams Family“ heraus und betreiben ihre besondere Art Kulturentwicklung

Einmal richtig aus dem Vollen schöpfen – das ist so ein Traum. Detlef-Andreas Heinichen vom Bremer Figurentheater „Theatrium“ wird vor lauter Vorfreude schon ganz unruhig. Wenn er nicht aufpasst, dann scheuert der sich während eines halbstündigen Vorgesprächs noch den Hosenboden durch. Denn er schwärmt: Vom Sommerstück „Addams Family“, das er jetzt mit seiner Theatrium-Partnerin Katrin Krebs im Mini-Theater an der Wüsten Stätte im Schnoor herausbringt.

Die „Addams Family“: Das sind mal die Cartoons von Charles Addams in der Mutter aller Stadtmagazine, dem New Yorker. Später wurde das Leben und Treiben dieser Familie von Untoten mit den alternativen bürgerlichen Wertvorstellungen in einer Zeichentrickserie sowie in Verfilmungen auch massenhaft bekannt. Heinichen und Krebs rühren bei ihrer Inszenierung von allem etwas zusammen. Heraus kommt ein Stück, in der die chaotische Familie ihr Haus verlassen muss und später in TV-Shows Karriere macht. „Es ist eine Boulevard-Story“, sagt Heinichen, und die soll vor allem eins machen: Spaß.

Den hat man schon an den Figuren. Wie schon bei der Theatrium-Adaption von Patrick Süsskinds „Parfüm“ hat Ralf Wagner vom Theater auf der Zitadelle in Berlin die Puppen gebaut. Es sind fast kindsgroße und ungeheuer charismatische, armlose Figuren. Krebs und Heinichen leihen ihnen ihre Arme. Allein diese technische Finesse bietet Gelegenheit zum he-rumulken. Black-Box-Effekte und Zaubereien gesellen sie unter der Endregie von Regine Wagner, der Frau des Ausstatters, hinzu.

Mit ihrem Sommerspaß könnten sich Katrin Krebs und Detlef-Andreas Heinichen eigentlich zur Ruhe setzen. Denn Heinichen, der seit 13 Jahren im Theatrium arbeitet, und Krebs, die auch schon acht Jahre dabei ist, haben inzwischen ein Repertoire für mehrere Puppenspieler-Leben. „Der Name des Duftes“ nach Süsskind, „Woody Allens schönste Morde“ oder der unverwüstliche „Kleine Prinz“ sind nur einige der Stücke aus dem Programm für Erwachsene. Hinzu kommen Kinderstücke, die in der Spielplanung des Theatriums ohnehin ein leichtes Übergewicht haben. Also gibt's bald keine neue Inszenierungen mehr? „Manche Kollegen hören auf und spielen nur ihre alten Sachen“, weiß Heinichen. Doch sofort rutscht er wieder ein Stück Hosenboden durch und macht zusammen mit Katrin Krebs ein Synchron-Buäääh-Gesicht. Aufhören kommt nicht in Frage. Im Gegenteil: Mit Robert Schneiders „Schlafes Bruder“ steht schon das nächste Projekt.

Heinichen und Krebs haben sich in ihrem Theatrium buchstäblich eingerichtet. Sie sind einfach dem Charme des winzigen Theaters erlegen. Dass gleich nebenan das zweite Packhaus mit Millionenaufwand saniert wurde, obwohl keiner weiß, was damit passieren soll, kostet wieder ein Stück von Heinichens Hosenboden. Dabei könnte das Theatrium – zumindest einen klitzekleinen – Anbau durchaus gebrauchen. Mit Frank Ruge haben die beiden vom Theatrium jetzt einen Organisator eingestellt, der ihnen mehr Tourneetermine und Festivalauftritte beschafft als sie es zu zweit gekonnt hätten. Zu dritt he-cken die Leute vom Theatrium jetzt Pläne aus, wie sie jüngere PuppenspielerInnen, am liebsten AbsolventInnen der Hochschulen in Stuttgart und Berlin, durch Gastspiele und Inszenierungen integrieren können. Das ist auch so eine Art Kulturentwicklung, made in Bremen-Schnoor, Wüste Stätte 11. Aber beim Theatrium kommt jetzt erst mal der Spaß und dann die Zukunft. ck

Premiere „Addams Family“ am 3. Juni um 20 Uhr; Kontakt 32 68 13

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