: Keine Möse vor dem Altar
Landesbischof Huber untersagt die Vermietung der Emmaus-Kirche an den Internationalen Hurenkongress. Gemeindepfarrer macht Teilrückzieher und verärgert damit die Prostituierten
Der evangelische Pfarrer der Emmaus-Kirche am Lausitzer Platz, Jörg Machel, hat es nicht leicht. Von allen Seiten bekommt er Prügel. Sein Chef, Landesbischof Wolfgang Huber, ist stinksauer, weil Machel die Emmaus-Kirche an Prostituierte vermietet hat. Die Prostituierten sind sauer, weil Machel sie nicht wie vereinbart in das Kirchenschiff lässt, sondern nur in einen Raum unter dem Turm.
Hintergrund der Aufregung ist der 25. Internationale Hurentag, der bis kommenden Montag in Berlin durchgeführt wird. In der Kreuzberger Kirche sollte gestern nach Redaktionschluss die Eröffnungsfeier stattfinden. Aus Ärger über Machels Teilrückzug kündigten die Verstalterinnen jedoch an, die Feier vor der Kirche abzuhalten.
Stein des Anstoßes war das Maskottchen des Hurentags: Eine Pappmaché-Vagina in den Ausmaßen von drei mal fünf Metern. Nach Unterzeichnung des Mietvertrags für das Kirchenschiff hatte Machel nach eigenen Angaben von einem BZ-Reporter erfahren, dass die Frauen in dem „Sakralraum“ einen „Ritualtanz“ um die Vagina aufzuführen gedächten. Diese Performance habe der Emmaus-Gemeindekirchenrat als „Vertragsbruch“ gewertet, weil der Sakralraum damit in Misskredit gebracht würde, sagte Machel.
Die Veranstalterinnen beeilten sich zu versichern, dass der Programmpunkt Vagina gestrichen sei. Zu spät. Der Pfarrer, sonst gewiss kein engstirniger Vertreter seiner Zunft, rückte das Kirchenschiff nicht mehr raus. Dafür war die Sache in der Kirche bereits zu hoch gekocht. Der BZ-Journalist hatte nämlich auch Landesbischof Huber von dem Tanz um die Möse vor dem Altar informiert. Huber, der nichts von der Kirchen-Vermietung an die Prostituierten wusste, fiel aus allen Wolken. Erst recht, als er sich selbst am nächsten Tag in der BZ in schwarzem Talar mit ausgebreiteten Armen auf einem Foto mit der Unterzeile abgebildet sah: „Bischof Huber erlaubt den Huren-Treff“. Eilends ließ der Bischof ein Dementi verschicken: „Pressebehauptungen, ich hätte der Vermietung der Emmaus-Kirche für den Weltkongress der Prostituierten zugestimmt, sind frei erfunden und treffen nicht zu.“ Die Kirche halte es mit der Würde jeder Frau für unvereinbar, dass deren Körper zur käuflichen Ware gemacht werde. „Deshalb kann die Kirche Prostitution nicht als normalen Beruf anerkennen, wie es die Absicht des Kongresses ist“.
Darum, so Huber weiter, „erwarte ich von der Emmaus-Gemeinde, dass sie diese Vermietung rückgängig macht“.
Indem er den Huren den Turm anbot, wählte Machel den Mittelweg. Die Worte seines Chefs will er nicht kommentieren. Er meint aber, dass es Aufgabe der Kirche sei, Prostituierte, die gegen ihre Rechtlosigkeit einträten, „wohlwollend zu begleiten“. PLUTONIA PLARRE
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