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Logo allein genügt nicht

Die S.A.G. Solarstrom AG wollte mit Firmen zusammen Strom produzieren. Nur: Allein um „Solarunternehmen 2001+“ zu werden, investiert kein Unternehmen

Gemeinsam machten sich die Umweltorganisation WWF und die S.A.G. Solarstrom AG im Februar 1999 auf die Suche nach Betrieben, die sich vorbildlich für Sonnenstrom einsetzen. „Solarunternehmen 2001+“ heißt die Initiative, mit der ausgezeichnet werden sollte, wer einen Teil seines Strombedarfs durch eine Solaranlage deckt. Der Titel wurde noch nicht vergeben.

Mit großem PR-Rummel wurde das Projekt „Solarunternehmen 2001+“ seinerzeit vorgestellt. Sogar eine Website gibt es. Doch die letzte News dort war noch im Mai 2000 die vom Startschuss am 18. Februar 1999. Die Krux: Kein einziges Unternehmen wollte sich im vergangenen Jahr um den Titel bewerben. Für die Verleihung in diesem Jahr, die in der zweiten Jahreshälfte in Berlin über die Bühne gehen soll, steht nun aber doch ein Preisträger fest: das Best Western Hotel in Freiburg. Drei andere würden in Kürze noch dazu kommen, sagt York Ditfurth, Pressereferent der S.A.G. Solarstrom. Er geht davon aus, dass bis Jahresende 15 Unternehmen bei der Initiative mitmachen würden, die – grob geschätzt – Solaranlagen mit einer Kapazität von 500 Kilowatt neu bauen. Beim Start des Projekts ging man noch von drei Megawatt bis Ende 2001 aus. „Ein bisschen enttäuscht sind wir von der Resonanz schon“, gibt Dag Schulze zu, der beim WWF für das Projekt zuständig ist. Er glaubt, dass viele Firmen noch nicht realisiert haben, dass eine Solaranlage auch fürs Marketing gut sein kann.

Vielleicht liegt es aber auch an den strengen Bedingungen für die Teilnahme. Unternehmen, die mitmachen wollen, müssen eine Solaranlage mit mindestens 30 Kilowatt Kapazität errichten, das kostet etwa 350.000 Mark. Und sie müssen mit dem erzeugten Solarstrom mindestens fünf Prozent ihres eigenen Strombedarfs abdecken. Und zwar nicht theoretisch, sondern praktisch: Es gibt für die entsprechende Menge keine 99 Pfennig Einspeisevergütung. Die Gegenleistung: Der Betrieb wird als Solarunternehmen ausgezeichnet, auf Presseveranstaltungen und im Internet präsentiert und darf mit dem Logo der Initiative lizenzfrei werben. Wer als Unternehmer bereit ist, Hunderttausende in eine Solaranlage zu investieren, wird mit spitzem Stift kalkulieren und sich überlegen, ob ihm diese Werbemaßnahmen den Verzicht auf die Einspeisevergütung wert sind. Denn der Anlage auf dem Dach sieht man von außen nicht an, ob der erzeugte Strom selbst verbraucht oder eingespeist wird. Gut fürs Image und fürs Klima ist sie in beiden Fällen.

Doch WWF und S.A.G. wollen genau die Unternehmen, die aus Überzeugung den teuren Solarstrom im eigenen Haus einsetzen und mit dieser betriebswirtschaftlich auf den ersten Blick wenig rentablen Lösung stolz Werbung machen. So wie das Best Western Hotel in Freiburg. Die 30-Kilowatt-Anlage auf dem Dach ist zum Mittelpunkt einer Unternehmensphilosophie geworden. Der Betrieb stellt sich innerhalb der Branche und gegenüber den Gästen als Solar-Hotel dar, verkauft Übernachtungen und eine Besichtigung der Freiburger Solarfabrik als Solar-Arrangements und investiert weiter in Umweltaktivitäten. Sonnenkollektoren für das warme Wasser und das TÜV-Siegel als Umweltbetrieb stehen als nächstes auf der Liste. „Das Presseecho war unglaublich“, sagt Marketingmanagerin Silke Wirth.

Zu verdanken ist diese Resonanz vor allem der S.A.G.. Die hat das Solarkraftwerk auf dem Dach finanziert, gebaut und verkauft für die nächsten 15 Jahre den Strom an das Hotel, dem die Anlage danach übertragen wird. Der Preis, rund eine Mark pro Kilowattstunde, beinhaltet auch zahlreiche Marketingaktivitäten durch die S.A.G. „Wir bieten ein Dienstleistungsangebot aus Finanzierung, Solarstrom, Energieberatung und PR“, beschreibt York Ditfurth diese Solarstrom-Partnerschaft, die sein Unternehmen auch mit anderen Firmen abschließen möchte. Das Full-Service-Angebot kommt an. „Wir sind mit rund 60 Betrieben in Verhandlung, das liegt schon im Megawattbereich.“

Doch viele dieser Betriebe kommen als Solarunternehmen nicht in Frage, weil sie den vorgegebenen Fünf-Prozent-Anteil nicht schaffen. Wer, wie das Best Western, über der Quote liegt, wird von der S.A.G. an die Initiative vermittelt. Auch die anderen drei Unternehmen, die in diesem Jahr ausgezeichnet werden sollen, sind laut Ditfurth S.A.G.-Kunden. Das Unternehmen listet in seinem Werbematerial für die Solar-Partnerschaft die „Aufnahme in die bundesweite Initiative Solarunternehmen 2001+“ gar als eine seiner vielen Marketing-Leistungen auf. Formell ist die Teilnahme an der Initiative unabhängig vom Hersteller oder Anbieter der Solaranlage. In der Praxis profitieren davon die S.A.G. und ihre Kunden, für die die Auszeichnung als „Solarunternehmen 2001+“ ein zusätzlicher Marketingeffekt ist. Wegen des Logos allein und der damit verbundenen Pressekonferenz, wie sie der WWF interessierten Firmen anbietet, würde vermutlich kein Unternehmen in eine Solaranlage investieren.

LEO FRÜHSCHÜTZ

Info: www.solarunternehmen.de

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