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Bescheidene Bruchlandung

Das Fernsehfest „Cologne Conference“ erfüllte alle Erwartungen, auch die schlechten

Trotz des Geburtstags blieb man offiziell hübsch bescheiden: Wer zur zehnten Cologne Conference überbordenden Enthusiasmus bei Deutschlands größtem Fernsehfest erwartet hatte, suchte vergeblich.

Die Jubiläumsausgabe präsentierte „business as usual“, schließlich ist das Festival mit irreführendem Namen längst fest in den Terminplänen der internationalen TV-Branche notiert. Immerhin ein neuer Rekord war zu vermelden: Rund 8.000 Besucher haben die Veranstalter in diesem Jahr gezählt, im ersten Jahr waren es ganze 150.

Während beim zeitgleich laufenden Medienforum NRW die Medienpolitik endgültig abgemeldet schien, blühte sie auf der Cologne Conference doppelt: Das Forum, früher der wichtigste medienpolitische Kongress der Republik, kam über den Austausch längst bekannter Positionen zu „Big Brother“ nicht hinaus, schon bei der Eröffnung hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement die freien Kräfte des Marktes über alles gestellt.

Und so brach sich in unbekümmerten Anglizismen der Aufbruch ins Internet-Zeitalter Bahn, und „Content“ war natürlich wieder „King“. Doch wirklich Neues hatten weder Klesch und Callahn, die neuen Herren des TV-Kabels, noch beim Medienforum mittlerweile unvermeidliche Altgurus wie Kai Krause zu verkünden. Die Cologne Conference präsentierte dagegen mit Robert McChesney den derzeit schärfsten Kritiker der internationalen Merger-Mania im Medienbereich, der vor dramatischen Einschränkungen der journalistischen Berichterstattung und Meinungsvielfalt durch die Konzernmonopole warnte.

Und auch in eigener Sache betrieb das Team um Cologne-Conference-Direktor Lutz Hachmeister heftig Medienpolitik: Man will weg vom ungeliebten Medienforum, als dessen Fernsehabteilung die Cologne Conference bisher fungiert. Doch die NRW-Landesregierung und die Landesanstalt für Rundfunk, Auftrag- und Geldgeber für Medienforum wie für die Conference, wollen die profilierte Veranstaltung natürlich nicht ziehen lassen. Diese Front scheint jetzt aufzuweichen: Immerhin empfiehlt selbst der oberste Medienberater des NRW-Ministerpräsidenten, Ex-RTL-Chef Helmut Thoma, „den Fernsehbereich stärker aus dem Medienforum herauszuziehen“.

Idealer Partner wäre die TV-Messe Cologne Screenings, die in diesem Jahr zum ersten Mal während der Cologne Conference stattfand. Doch hier muss sich noch zeigen, ob ein solcher Markt für Programmware in Deutschland überleben kann: Zwar war das Land NRW als offizieller Veranstalter schwer begeistert, die Teilnehmer äußerten sich aber deutlich differenzierter: Während etablierte Größen wie die britische BBC Zufriedenheit zu Protokoll gaben, hatten sich vor allem die deutschen Programmanbieter mehr internationales Interesse erhofft. Hachmeister dagegen glaubt an die Screenings und fordert einen eigenen Termin im Herbst, um der „Unübersichtlichkeit und Beliebigkeit“ des „technokratischen Nullsummenspiels Medienforum“ zu entkommen. Das Ursprungsanliegen des Forums will er gleich mitnehmen und jene „Themen, die Sache der öffentlichen Medienpolitik sind“, in der Cologne Conference „bündeln und zusammenfassen“.

Das allerdings nicht alle Träume in Erfüllung gehen, zeigt eine kleine Schlappe, die die Cologne Conference ausgerechnet im Jubiläumsjahr einstecken musste: Die 1998 vollmundig verkündete Ausweitung der Veranstaltung zum Film- und Fernsehfest erlebt eine Bruchlandung. Die ambitionierte, vor zwei Jahren eingeführte Kinoreihe fand zur Conference 2000 schon nicht mehr statt. STEFFEN GRIMBERG

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