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Ein Außenseiter mit professoraler Attitüde

Der Strieder-Herausforderer Stefan Grönebaum (38) ist Neuberliner und Chefredakteur einer SPD-Monatszeitschrift. Der Parteilinke stammt aus einer durch und durch sozialdemokratischen Familie. Und sein Sohn heißt Oskar

Ein kluger Kopf ist Stefan Grönebaum ohne Zweifel. Der 38-jährige Strieder-Herausforderer redet vor den rund 50 versammelten GenossInnen aus Lichtenberg und Hohenschönhausen, als stünde er vor einem Politologie-Seminar. Professoral und seriös wirkt er in seinem grauen Anzug, dazu ein farblich perfekt abgestimmtes eisgraues Hemd und eine pastellfarbene Krawatte.

Auf seiner Website präsentiert sich der Parteilinke lockerer: bäuchlings auf dem Fußboden, sein dreijähriger Sohn Oskar im Schlafanzug reitet auf Papa. Im Hintergrund stapeln sich Umzugskartons. Grönebaum ist Neuberliner.

Sehr schnell hat er in der Hauptstadt-SPD Posten übernommen, ist Abteilungsvorsitzender in Friedenau und seit März dieses Jahres Sprecher des abgewirtschafteten Donnerstagskreises der Parteilinken. Haupberuflich ist er Chefredakteur der Demokratischen Gemeinde, eines sozialdemokratischen Hochglanzmagazins für Kommunalpolitik.

Grönebaum hat Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie studiert. Nun will der ehrgeizige Perfektionist Parteichef werden. Seine Presseerklärungen lässt er von einer „Agentur für politische Kommunikation“ gegenlesen.

Der gebürtige Düsseldorfer stammt aus einer durch und durch sozialdemokratischen Familie, in der ein Parteiamt die Regel ist. Die Abteilung Friedenau hatte vor ihm seine Schwiegermutter acht Jahre lang geleitet. Sein Vater ist der 1998 verstorbene Schauspieler Wolfgang Grönebaum, der in der „Lindenstraße“ den Hausmeister Egon Kling spielte.

Doch bei einigen älteren Genossinnen kommt Grönebaum an diesem Abend gar nicht gut an. „Den hab’ ick nie erlebt hier“, schallt ihm entgegen, als er erwähnt, dass er 1993/94 als Referent des Lichtenberger Bundestagsabgeordneten Konrad Elmer gearbeitet hat.

Seine Tätigkeit als Büroleiter des Magdeburger SPD-Fraktionschefs Rüdiger Fikentscher fordert einen weiteren Zwischenruf heraus: „Der spielt sich hier als Superossi auf.“

Grönebaum übergeht die Störmanöver und hebt warnend den Finger: „Wer glaubt, wir könnten nicht noch schlechtere Wahlergebnisse kriegen, der irrt.“ Kann so einer die Partei führen oder die wohlklingende Theorie in Praxis umsetzen?

Als Kernaufgabe der SPD nennt er, mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Mittelstand und Handwerk, die an Vorschriftenwust und Förderdschungel leiden, müssten stärker gefördert werden. Als Herausgeber des Förder-Handbuchs wisse er, wovon er rede. DOROTHEE WINDEN

Infos unter www.sol6.de/groenebaum

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