: Datenklau in USA?
Zwei Festplatten mit Bedienungsanleitungen zum Entschärfen von Atomsprengköpfen sind aus der Anlage Los Alamos verschwunden
WASHINGTON/BERLIN ap/taz ■ Das Verschwinden zweier Computer-Festplatten mit geheimen Unterlagen aus der Atomanlage Los Alamos im Staat New Mexico hat in den USA für helle Aufregung gesorgt. Die Behörden leiteten eine Untersuchung auf höchster Ebene ein, wie das Energieministerium und die Atomanlage am Montag erklärten. Das Fehlen der Geheimdokumente sei bereits am 1. Juni entdeckt worden. Hinweise auf Spionage lägen bislang nicht vor, erklärte Ed Curran, der Direktor der Spionageabwehr im Energieministerium.
Möglicherweise bestehe ein Zusammenhang mit dem Buschbrand, der Los Alamos im Mai bedrohte und die Evakuierung der Stadt und der Atomanlage nötig machte, sagte Curran. Der Sicherheitschef im Energieministerium, Luftwaffengeneral Eugene Habiger, erklärte, seiner Ansicht nach seien die Daten eher bei der Evakuierung verlegt oder versehentlich zerstört als gestohlen worden. Gleichwohl sei das FBI eingeschaltet worden, als der Verlust der Platten bemerkt wurde. Drei Tage lang, so Curran, hätten die Mitarbeiter das ganze Labor auf den Kopf gestellt, ohne die Koffer ausfindig zu machen.
Ursprünglich waren drei identische Koffer mit den Informationen vorhanden – einer sei aber schon bei Ausbruch der Buschbrände an einen anderen Ort gebracht worden, um die Informationen zu sichern.
John Browne, der Direktor des Waffenversuchslabors in New Mexico, sprach von einem „extrem ernsten Vorgang“, auf den mit raschen Maßnahmen reagiert werde. Die verschwundenen Unterlagen seien streng geheim. Nach Angaben von Curran und Habiger sollen alle Mitarbeiter der Anlage, die mit den Daten zu tun hatten, verhört und Lügendetektor-Tests unterzogen werden.
Die verschwundenen Daten stammen von einem Computer, der im Hochsicherheitstrakt der Atomanlage, der so genannten Division X, stand. Dort bereiten Wissenschaftler Reaktionen auf mögliche Atomunfälle und auf Bedrohungen des Terrorismus vor. Die Festplatten enthalten unter anderem Daten über den sicheren Umgang mit Atomwaffen im Notfall. An einen Laptop-Computer angeschlossen, stellen die Datenträger Informationen über die sichere Entschärfung US-amerikanischer, russischer und anderer Atomsprengköpfe bereit, sagte ein Mitarbeiter des Energieministeriums. Die Daten werden regelmäßig aktualisiert.
Im vergangenen Jahr war ein in Los Alamos beschäftigter Wissenschaftler, Wen Ho Lee, unter Spionageverdacht festgenommen worden. Er soll geheime Unterlagen aus dem US-Atomwaffenprogramm ins Ausland weitergeleitet haben. Im Falle einer Verurteilung droht dem aus Taiwan stammenden Forscher lebenslange Haft. PKT
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