: Soundcheck
Gehört: Kelis, Große Freiheit. Aaaarrrrggghhhh!!!! Krrrchhh!! Uaaargghhh!!!!! Oder zumindest so ähnlich klang das, was R-'n'-B-Riot-Grrrl Kelis mit ihrer siebenköpfigen Band innerhalb einer Stunde am Mittwochabend in der Großen Freiheit veranstaltete. Und man kann kaum genug Ausrufezeichen hinzufügen. Alles in allem hatte das mehr von Bikini Kill oder L7 – und weil die größten Kritiker der Elche selbst ebensolche waren, zeigten sich gerade die ältesten Rocker der Stadt am enttäuschtesten. Alle anderen, denen die Qualität eines Gitarrensolos am Arsch vorbeigeht, weil sie in solcherlei Manierismen sowieso keine große Hoffnungen mehr setzen, hatten dagegen eine ziemlich gute Zeit. Und das, übrigens, auch mit guten Gründen. Der erste: eine herrliche Coverversion von Lionel Ritchies „Hello“. Der zweite: eine herrliche Coverversion von Steppenwolfs „Born To Be Wild“.
Nacheinander betraten am Anfang die fünf Frauen ihrer Backing Back die Bühne. Für einen kurzen Moment mag sich mancher gefragt haben, wer denn nun von ihnen bei so viel Kollektivismus eigentlich Kelis sei: Sie sahen alle aus, als wären sie gerade George Clintons P-Funk-Mothership entstiegen. Dreadlocks, rosa Sonnenbrillen, abgeschnittene T-shirts, mit Biker-Stolz ausgestellte Bauchansätze, Logo-überflutete Leggins: Die Mittel der Kritik am Körper-Oberflächendesign der R-'n'-B-Glamourwelt waren vielfältig – und bunt. Mit dieser imposantesten aller derzeit um sich tretenden Girl Gangs im Rücken störte es kein bisschen, dass da auch noch zwei Frickler im Hintergrund versuchten, das konsequent auf asskick mission gebürstete Chaos in geregelten Bahnen zu halten.
Das strebte an allen Ecken über die üblichen R-'n'-B-Konventionen hinaus. Wenn da brötzende Gitarrenwände lauern, mag das im Rückblick nicht nur Clinton bestätigen, sondern eben auch die These des afroamerikanischen Kritikers Greg Tate von der grundsätzlich emanzipatorischen Funktion schwarzen Rocks: Expropriiert die (weißen) Expropriateure! tob
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen