: Abgeordneten droht Immunitätsverlust
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Freke Over und Giyasettin Sayan (beide PDS). CDU will deren Immunität aufheben
Im Streit um eine mögliche Aufhebung der Immunität der PDS-Abgeordneten Freke Over und Giyasettin Sayan wächst der Druck auf die beiden Landespolitiker. Während die CDU von einem „Missbrauch des Immunitätsrechts“ spricht, verlängert ihr Koalitionspartner SPD das Tauziehen um die Abgeordneten. Denn die SPD-Fraktion konnte sich noch nicht zu einer Position in dem seit Monaten gärenden Streit durchringen. Ursprünglich sollte er gestern im Rechtsausschuss behandelt werden. Selbst die Grünen sehen die PDS-Kollegen nur teilweise durch die Immunität vor einer Strafverfolgung geschützt. Over hatte nach den gewaltsamen Ausschreitungen vom 1. Mai vergangenen Jahres Protokolle des Polizeifunks veröffentlicht. Das ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ein Verstoß gegen das Telekommunikationsgesetz. Over hatte damit beweisen wollen, dass einige Polizisten grundlos und hart gegen Demonstranten vorgegangen waren. Außerdem soll er gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben: Er hatte eine Spontandemo gegen das Hotel Adlon angemeldet. Die Nobelherberge hatte nach Auskunft Overs entgegen ausdrücklicher Absprachen eine Anzeige gegen Obdachlose gestellt, die das Hotel besetzt hatten, um gegen das Ende der Kältehilfe zu protestieren. Gegen diese Anzeigen meldete Over die Spontandemonstration an. Die Polizei wollte dies aber nicht als Grund erkennen. Sayan soll eine Demonstration gegen den damaligen Rechtsradikalentreff „Café Germania“ organisiert, dies aber als „Spontandemonstration“ angemeldet haben.
Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Michael Braun, sieht schon durch die Diskussion um die Aufhebung der Immunität „das Ansehen des gesamten Parlaments“ gefärhdet. Klaus-Uwe Benneter (SPD) wägt dagegen ab: Einerseits dürfe ein Abgeordneter nicht besser gestellt werden als ein Normalbürger. Andererseits bedürften Abgeordnete für ihre Arbeit eines besonderen Schutzes.
Auch Ausschusskollege Bernhard Weinschütz (Bündnis 90/ Die Grünen) differenziert. Die Veröffentlichung der Polizeiprotokolle sei in diesem Fall Teil der politischen Arbeit Overs gewesen. Somit könne sich der PDS-Kollege auf die Immunität berufen. Bei den Demonstrationsanmeldungen dagegen liege der Fall anders: Dieses Recht habe schließlich jeder Bürger. Deshalb könnten sich die Abgeordneten in diesen Fällen nicht auf ihre Immunität berufen.
PHILIPP GESSLER
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