: Der Atomkonsens bleibt im Kern auch weiter umstritten
Vor dem grünen Parteitag hat die Parteilinke bekräftigt: Zustimmung gibt esnur gegen Stilllegungen. Außenminister Fischer kandidiert erstmals für Parteirat
BERLIN taz ■ Der grüne Umweltsenator von Hamburg, Alexander Porschke, und mehrere linke Bundestagsabgeordnete um Christian Ströbele wollen den Atomkonsens nur unter einer Voraussetzung absegnen. In einem Antrag für den grünen Parteitag, der am Freitag in Münster beginnt, fordern die Linken die Bundestagsfraktion auf, einem Ausstiegsgesetz nur zuzustimmen, wenn „es in dieser Legislaturperiode noch zu realen Stilllegungen kommt“. Ihm sei klar, dass ein Nein der Grünen-Fraktion zum Bruch der Regierungskoalition führen könne, sagte Porschke zur taz. Bei der Stilllegung eines Atomkraftwerks (AKW) gehe es jedoch nicht nur um Symbolik, sondern um „die Beseitigung einer realen Gefahr“. Porschke fürchtet, dass die Betreiber auf einen Regierungswechsel spekulieren und davon ausgehen, dass der Atomkonsens niemals umgesetzt wird.
Auch Renate Künast, bisher Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, die auf dem Parteitag voraussichtlich zur Parteivorsitzenden gewählt wird, will den Kompromiss noch nachbessern: „Niemand hindert uns, den Druck zu erhöhen, zum Beispiel hinsichtlich des Endlagers in Gorleben.“
Der Bundesvorstand plädiert in seinem Antrag „Der Ausstieg kommt!“ dafür, dass die Delegierten dem Atomkonsens zwischen Regierung und Betreiberfirmen zustimmen. Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer sagte gestern, er gehe davon aus, dass es eine breite Zustimmung für den Antrag geben werde. Die vereinbarte durchschnittliche Laufzeit von 32 Jahren für Atomkraftwerke bedeute, „dass die 19 deutschen AKWs im Schnitt nur noch 13 Jahre laufen werden“. Diese Zahl, so Bütikofer, sei „sehr eindrücklich“.
Die Diskussion über den Atomkonsens soll am Freitagabend rund drei Stunden dauern. Vertreter der Anti-AKW-Bewegung haben bereits heftige Proteste gegen den „faulen“ Kompromiss angekündigt. Auch die Vorsitzende der Umweltschutzorganisation BUND, Angelika Zahrnt, will den Grünen die Leviten lesen.
Die Wahl der beiden neuen Parteivorsitzenden und der weiteren Mitglieder des Bundesvorstandes soll am Samstag stattfinden. Renate Künast kandidiert nicht nur als Parteivorsitzende, sondern will auch das Amt der frauenpolitischen Sprecherin ergattern. Für den Parteirat wird erstmals auch Joschka Fischer kandidieren. Der Bundesvorstand, dem der Außenminister die Bewerbung telefonisch mitteilte, begrüßte dies ausdrücklich. So werde die Chance für einen Neubeginn verstärkt.
Der Parteirat ist bereits auf dem letzten Parteitag der Grünen von 30 auf 16 Mitglieder verkleinert worden. Das Gremium, in dem VertreterInnen der Länderebene und der Bundespartei sitzen, kann in Zukunft Beschlüsse fassen und soll die aktuelle Politik der Partei maßgeblich mitbestimmen. Die beiden Kabinettsmitglieder Andrea Fischer und Jürgen Trittin sowie die Fraktionsvorsitzenden Rezzo Schlauch und Kerstin Müller gehören dem Parteirat bereits an und wollen jetzt wieder kandidieren.
Neben dem Atomausstieg und den Vorstandswahlen stehen Debatten über die Neuauflage der Koalition in Nordrhein-Westfalen, über Verkehrspolitik, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und die Bundeswehrreform auf der Tagesordnung der Delegiertenkonferenz.
Reinhard Bütikofer hofft, dass sich die Grünen nach diesem Parteitag „wieder als engagierte und energiegeladene Partei“ präsentieren werden.
TINA STADLMAYER
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