: Staatsorchester fortissimo gegen Schulte
■ Eigentlich wollte sich das Staatsorchester bei Kultursenator Schulte für die Besetzung von fünf Stellen bedanken. Der zeigte sich völlig überrascht: Von der Freigabe habe er nichts gewusst
„Skandalös“ und „kriminell“ nannte ein sichtlich erregter Gregor Daul, einer der drei Vorstände des Philharmonischen Staatsorches-ters, das Verhalten von Kultursenator Bernt Schulte (CDU) und seiner Staatsrätin Elisabeth Motschmann auf einer Pressekonferenz der Kulturinitiative „Anstoß“. Hintergrund der schweren Vorwürfe: Die Kulturverwaltung hatte dem Orchester brieflich mitgeteilt, dass nun endlich fünf Musikerstellen neu besetzt werden können. Als das Orchester sich dafür bei Schulte bedanken wollte, habe er den verdutzten Musikern erklärt, ihm sei davon nichts bekannt. „Vielmehr seien die Stellen nach wie vor Verhandlungsmasse, und er wisse auch nicht, wer in seiner Behörde eigentlich dafür zuständig ist“, so Gregor Daul.
Auch wenn es der Senator nach Darstellung von Daul nicht wollte: Die fünf MusikerInnen werden nun doch berufen, da sie im behördeninternen Stellenplan für das Orchester seit langem ausgewiesen sind. Dass sie nun ohne Kenntnis des Senators und seiner Staatsrätin durch die Verwaltung freigegeben worden sind, nennt Elisabeth Motschmann allerdings „einen unglücklichen Fehler“. Dauls Eindruck, der Senator hätte dem Orchester die Stellen mit Blick auf den knappen Kulturetat am liebsten gestrichen, widerspricht sie heftig. Die Freigabe sollte nur im Kontext einer "soliden Gesamtlösung“ stehen, die erst im Sommer präsentiert werden sollte. Die CDU begrüßt entgegen ihrem Senator die Stellenfreigabe.
Die Querelen rund ums Staatsorchester sind nicht neu. Worum es geht: Einem A-Orchester wie es das Staatsorchester ist, stehen 99 Stellen zu. Diese Normalität war in Bremen immer ein Traum geblieben, man hatte sich letztendlich auf 87 Stellen „geeinigt“ – und das Unikum, dass die gesamte Verwaltungsarbeit ehrenamtlich über die Philharmonische Gesellschaft abgewickelt wird, gibt es nirgendwo anders (zum Vergleich: Die Kammerphilharmonie verfügt bei 36 Musikerstellen über zehn Bürostellen). Mit „abenteuerlichen Zurückhaltungsaktionen“ (Daul) seitens der Behörde schrumpelte die wirkliche Anzahl fester Spieler auf 73,5. Das bedeutet, dass Konzerte und Opern mit romantischem und spätromantischem Repertoire nur noch mit dreißig bis vierzig Aushilfen bewältigt werden können. Man munkelt ja schon, die kmb (städtische Kulturcontrolling-Firma) wolle sich – über ein erneut schi-ckes Gutachten, nachdem schon das erste von keinerlei Sachkenntnis getrübt war – Kenntnis darüber verschaffen, welche Literatur mit siebzig SpielerInnen realisierbar ist. Kleiner Tipp: Dazu genügt für alle, die lesen können, ein Blick in einen Orchesterführer.
Doch nicht genug der Probleme: Die längst überfällige Bildung einer Findungskommission für den neuen Generalmusikdirektor, der immerhin im Sommer 2001 sein Amt antreten muss, liegt noch auf dem Schreibtisch. Schon jetzt ist klar, dass man da die große Auswahl nicht mehr haben wird, umso mehr, als die Stelle noch immer nicht ausgeschrieben ist. Motschmann: „Das ist doch klar, dass wir erst ausschreiben können, wenn wir alle Probleme geprüft haben“. Befürchtungen, es könne sich bereits um die Vorbereitung zur Zurückstufung zum Status des B-Orchesters handeln, sind keine Biertischvermutungen mehr. Eine indirekte Antwort gibt es von Motschmann: „Wir werden die finanziellen Möglichkeiten für ein volles A-Orchester nicht kriegen. Damit müssen wir jetzt arbeiten.“
Ute Schalz-Laurenze
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