: Am Schamhaar herbeigezogen
IAAF und DLV heben die Suspendierung von Dieter Baumann vorläufig auf. Der Olympiasieger will morgen in Nürnberg laufen, um die Norm für Sydney zu schaffen
DARMSTADT dpa ■ Der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) hat am Freitag bestätigt, dass Dieter Baumann nach der Aufhebung seiner Suspendierung durch den Rechtsausschuss des Deutschen Leichtathletik- Verbandes (DLV) sofort wieder Wettkämpfe bestreiten darf. „Er darf jetzt starten“, erklärte IAAF-Generalsekretär Istvan Gyulai in Paris. Gyulai will dies auch den Veranstaltern des Sportfestes am Sonntag in Nürnberg bestätigen, „sobald ich aus Deutschland eine schriftliche Information über die Aufhebung der Suspendierung habe“. Baumann will in Nürnberg die Qualifikationsnorm für die Olympischen Spiele in Sydney erfüllen. „Es ist eine logische Entscheidung, die sich aus der Gesamtsituation der Indizien ergibt“, erklärte der 35-Jährige.
„Auf dem Hoheitsgebiet des DLV ist der Fall abgeschlossen“, erklärte DLV-Präsident Helmut Digel, „Baumann hat von uns als unschuldig betrachtet zu werden.“ Noch steht allerdings eine endgültige Entscheidung der IAAF aus. Die aber wird geraume Zeit auf sich warten lassen. Zuerst prüft die Anti-Doping-Kommission der IAAF. Nach deren Vorschlag entscheidet das IAAF-Council, ob es die deutsche Beurteilung des Falles Baumann akzeptiert oder das eigene Schiedsgericht (Arbitration Panel) anruft und Baumann suspendiert.
Bei zwei Dopingkontrollen Ende 1999 war in seinem Urin das anabole Steroid Norandrostendion nachgewiesen worden. Der Rechtsausschuss hob gestern vormittag die Suspendierung auf und folgte bei seiner Entscheidung offensichtlich der Argumentation von Baumann, dass er einer Manipulation durch einen unbekannten Täter zum Opfer gefallen sei. Das letzte Detail in der Baumannschen Indizienkette lieferte eine Untersuchung in Straßburg, wo er seine Schamhaare auf den Gehalt von Norandrostendion untersuchen ließ. Andere Wissenschaftler bezweifeln den Sinn dieses Nachweises. Hermann Winkler, Präsident des Landessportbundes Sachsen, sagte: „Der Freispruch ist an den Schamhaaren herbeigezogen.“
siehe auch Porträt SEITE 11
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen