: And don`t mention the war
Englischer Humor verkauft sich schlecht nach Deutschland. Doch jetzt will RTL die Kluft überbrücken und eine deutsche Version der BBC-Kultserie „Fawlty Towers“ drehen. Das kann nur schief gehen
von STEFFEN GRIMBERG
Kann man Klassiker zu sehr lieben? Ja doch: Wenn RTL tatsächlich Ernst macht, gibt es bald eine deutsche Version von „Fawlty Towers“, gedreht in Deutschland, von einer deutschen Produktionsfirma, mit deutschen Schaupielern. Und das wird mindestens so anstrengend wie „Das Amt“; am Ende heißt Basil Busse, und die sieben Nasen für die restlichen Rollen sind ja auch schon alle da. Und dann werden sie eine Hotel-Blödelei inszenieren, die mit dem BBC-Original immerhin so viel gemein hat, dass sie auch im Hotel spielt und eigentlich auf den Drehbüchern von John Cleese und Connie Booth basieren sollte. Da das Ganze natürlich in einem deutschen Seebad stattfinden muss, nehmt wenigstens Scharbeutz.
Immerhin, einen freut’s: Mark Young. Muss es auch, schließlich ist er für den Programmverkauf der British Broadcasting Corporation auf dem Continent, in Nahost, Indien und ganz Afrika zuständig. „British comedy travels“, meint Young. Nur das „dreadful dubbing“, die ewige Synchronisiererei nervt – und funktioniert oft nicht. Englischsprachige Märkte beliefert die BBC gleich mit einem ganzen Programmblock. Und die lokalen Sender profitieren vom guten – ach was: legendären Image der britischen Anstalt.
In deutschen Landen ist Vox schon länger dabei: Immer mittwochs zeigt das jüngste Mitglied der RTL-Familie ein buntes Sammelsurium aus dem BBC-Doku-Schrank als „BBC Exklusiv“: Von Tierarztpraxen über das „Inselduell“-Vorbild „Expedition Robinson“ bis zu anderen Naturkatastrophen. In diesen Wochen läuft ein Dreiteiler über einen 3.000-Meilen-Fußmarsch durch die Mongolei.
In anderen Ländern ist die BBC mit deutlich mehr solcher branded blocks vertreten: Da gibt es neben BBC Britcom (Comedy) noch BBC English (Bildungsfernsehen!), BBC Playtime (für die lieben Kleinen), BBC Animal (genau: für Tiere) oder auch BBC Select (die Aufffangkategorie für den ganzen Rest).
Doch selbst wenn Deutschland bisher kaum derart BBC-gebranded ist, sind die deutschen Sender, allen voran ARD und ZDF, Hauptabnehmer von BBC-Ware: Zeitgeschichtliche Dokus, vor allem über den Nationalsozialismus, kamen einst sogar fast ausschließlich von der Insel, bevor dann ein von wagnerianischer Wochenschaumusike untermalter Professor Guido Knopp vehement dagegenhielt.
Einer der Gründe hierfür ist natürlich die enge Verwandtschaft der öffentlich-rechtlichen BBC vor allem mit der ARD, die ihr britisches Vorbild und dessen Aufbauhilfe in den 50er-Jahren auch gar nicht leugnen mag.
Dokumentarisches im Allgemeinen und Geschichtliches im Besonderen funktioniert eben auch übersetzt bestens – obwohl die BBC-Marotte, die Kommentare zu ihren Dokus von bekannten Schauspielern sprechen zu lassen, aus Kostengründen leider nicht übernommen wurde.
Tierisches ist ohnehin am Erfolgreichsten. Seit Anfang Juli läuft beim Discovery Channel auf der Premiere-World-Plattform täglich der BBC-Block „Animal Planet“. Und wenn die Fauna schon ein bisschen länger her ist, läuft’s noch besser: „Walking with Dinosaurs“ räumte nicht nur wegen der Special Effects ab, sondern entfachte auch noch eine höchst wissenschaftliche Debatte über des Ende der Echsen. Bei solchen Produktionen spielt die BBC dann auch in einer ganz anderen Liga als Deutschlands Öffentlich-Rechtliche: Das millonenschwere Prestigeprojekt war für die BBC ohne internationale Partner nicht zu machen, doch Deutschlands Öffentlich-Rechtlichen war’s zu teuer. ProSieben erkannte stattdessen das Potenzial der Serie und finanzierte mit. Als Nächstes setzt die BBC übrigens wieder auf Bildung: Am 1. Juli startet einmal wöchentlich „BBC Science“, ebenfalls in Kooperation mit Discovery auf Premiere.
Ganz anders sieht der Erfolg bei den fiktionalen Programmen aus: Es gibt ihn nicht. Ob Drama (diese wunderbare Sammelbezeichnung für alle Stoffe von der Arztserie bis zur Charles-Dickens-Verfilmung), Entertainment oder eben Comedy: It doesn’t travel. Jedenfalls nicht nach Deutschland, ein Ausnahme machen vielleicht allein die mit Spielfilmbudget gedrehten TV-Versionen der Austens-, Brontës- und Dickens-Vorlagen. Selbst „This Life“, die Londoner Juristen-Kultserie und irgendwo auch intelligenterer Vorläufer von „Ally McBeal“, schaffte nie den Sprung über den Kanal.
Weil Mark Young das weiß, setzt er jetzt auf lokale Remakes: Wenigstens die Programmidee, dazu nach Möglichkeit noch das Drehbuch sollen reisen. – Um dann in der neuen Heimat heftig adaptiert zu werden und neben den sprachlichen auch gleich noch die kulturellen Unterschiede auszubügeln.
Denn flacher werden solche Stoffe allemal, wie eine Episode aus dem britisch-amerikanischen Kulturkampf zeigt, die ausnahmsweise nichts mit der BBC zu tun hat: Der Mehrteiler „Cracker“ um den unkonventionellen Polizeipsychologen Edward Fitzgerald (hierzulande daher auch als „Für alle Fälle Fitz“ 1996 beim ZDF zu sehen) wurde in den USA nachgedreht, auf amerikanisch, mit John Goodman in der Hauptrolle. Heraus kam plattes Hollywood-TV (und lief bei und dann passenderweise 1998 auch auf Sat.1).
Nun also „Fawlty Towers“, die laut dpa „von Satire und antideutschen Tiraden geprägte britische Fernsehserie“, in der „der Schauspieler John Cleese sich unter anderem mit preußischem Stechschritt über deutsche Touristen lustig macht“. Neben der leidlich bestürzten Frage, wer da eigentlich für Deutschlands wichtigste Nachrichtenagentur in London sitzt, offenbart sich hier das abgrundtiefe Humorloch, in dem jegliche Teutonen-Version verschwinden muss.
Schwinden tut auch die Hoffnung, dass der Deal doch noch am Autorenwiderstand von Mr. John „Basil“ Cleese et al. scheitert: Zwar gibt sich RTL humorlos-wortkarg, doch BBC-Oberverkäufer Rupert Gavin hat einer Konferenz in London schon die frohe Botschaft verkündigt: The Germans got our joke.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen