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Sabine Thomsen, 52:

Ich hatte meine erste Geliebte vor 20 Jahren. Da war ich immerhin auch schon 32 Jahre alt. Eigentlich war ich schon immer lesbisch, aber da es damals nicht so einfach war, hatte ich natürlich geheiratet. Es war eben nicht so selbstverständlich, als junge Frau zu erkennen, wo man hingehört. Zwangsheterosexualität dominierte noch ganz stark. Es war ganz klar: Eine Frau musste heiraten. So bin ich auch erzogen worden. Ich habe auch eine inzwischen erwachsene Tochter. Nachdem ich sieben Jahre verheiratet war, habe ich dann 1980 erstmals mit einer Frau zusammengelebt. Mit meiner Tochter war ich danach jedes Jahr beim CSD.

Inzwischen arbeite ich im „Rat und Tat“ (Rut), einem Projekt für ältere Frauen und Frauen mit Behinderung. Speziell richtet sich das Angebot an Frauen, die eigentlich viel zu spät erkennen, dass sie anders leben wollen. Eben nicht mehr mit Männern. So wie bei mir vor 20 Jahren, und das war verdammt schwierig.

Das Kuriose damals war, dass mein Mann und ich uns in dieselbe Frau verliebten. Doch die war leider hetero und hat sich dann für ihn entschieden. Meine Tochter ist bei mir geblieben. Doch ich musste mir einen ganz neuen Freundeskreis aufbauen. Das passte nicht mehr so. Da war ein großer Bruch da.

Meine Tochter hat das eigentlich ganz prima aufgenommen, sie war ja damals auch erst drei. Für sie wurde es einfach selbstverständlich.

Der CSD ist heute unpolitischer geworden. Es ist heute schon fast normal, lesbisch oder schwul zu leben. Deshalb sind einige ehemalige Forderungen nicht mehr so wichtig. Die Leute können heute gemeinsam mit Schwulen und Lesben feiern, früher gab es noch viel mehr blöde Anmache vom Publikum. „Dreckige Lesbe“ und so. Da brauchte man schon Mut, um beim CSD mitzulaufen.

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