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Sparen – geht noch

■ Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht / Jetzt wird eisern mit der Unternehmensberatung Roland Berger gespart

Gut vier Stunden lang wurden die Spitzen der Bremer Verwaltung gestern eingeschworen, auf das was sich in den nächsten vier Jahren ändern soll: „Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung“, heißt die Devise bürokratisch trocken. Oder konkreter: „Bremens letzte Chance“, wie Staatsrat Günter Dannemann sagt. Die 192 Verwaltungschefs sollen die Ideen von der Unternehmensberatung Roland Berger in ihren Ressorts nun tatkräftig umsetzen. Vorab hatte man in einem Pressegespräch für das Programm werben wollen.

Die Vorgaben bis zum Jahr 2005 sind klar: 250 Stellen pro Jahr einzusparen, 800 Millionen Mark einsparen. Nachdem laut Dannemann die erste Sanierungsphase (1995-99) „nicht erfolgreich war“, sei dies die „abschließende Chance, die Haushaltsnotlage zu beseitigen“ und als Stadtstaat zu überleben. Ein „ziemlich anspruchsvolles Unterfangen“, gesteht Staatsrat Dannemann: „Da wird einem manchmal angst und bange.“ Was Bremen da vorhat, komme der „Quadratur des Kreises“ gleich, meint auch Senatssprecher Klaus Schloesser.

Eine „Rund-um-sorglos-Reform“ wird das nicht, macht Unternehmensberater Jobst Fiedler deutlich. „Mit den üblichen Methoden – Rasenmähersparen – ist das nicht mehr zu bewerkstelligen.“ Für Fiedler ist das „Ende der Fahnenstange“ noch nicht erreicht – in Bremen gebe es „erhebliches nicht ausgeschöpftes Potenzial“.

Mindestens acht Millionen Mark ist der Verwaltung der „gnadenlose Blick“ der Unternehmensberatung wert. 12 Millionen Mark hatte man bereits für zahlreiche Gutachten in der vergangenen Legislaturperiode ausgegeben. Statt bisheriger „Reformrhetorik mit verdammt wenig eingetretener Wirkung“ soll laut Fiedler jetzt ein „Umsetzungsfahrplan“ her. Bislang wurden zwar viele Dinge begonnen, jetzt müsse weiter nachgeschoben werden.

Bremen ist dabei nicht das einzige Land, das sich Nachhilfe bei Berger holt. Erst Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen. Nun also vier Jahre Bremen. Ungewöhnlich lang, finden die Unternehmensberater, die sonst mit sechs bis zwölf Monaten auskommen. Diesmal kommt die ganze Verwaltung dran.

„Bislang war Bremen wider Willen Vorreiter auf der Problemseite. Jetzt ist die Chance Vorreiter auf der Lösungsseite zu werden“, weckt Fiedler Hoffnung. Und ist ganz zuversichtlich, dass Bremen das bis 2005 packen kann. Bedingung: Der Berger-Kurs in Richtung „bezahlbare Verwaltung“ muss von den Behördenchefs unterstützt werden. Und: Der Senat muss den Weg durchhalten.

Reform-Rhetorik beherrscht Fiedler. Die Angst der Mitarbeiter, „dass wir ihnen was wegnehmen“ sei unbegründet – es ist schon weg, vom Senat so beschlossen. Statt Sparen ist manchmal auch Gewinn drin, meint Fiedler. Beispiel Stadtamt. Hier checkt das Berger-Team bereits seit drei Monaten, wie man unter anderem BremerInnen dazu bewegen kann sich anzumelden. Ein mobiles Einwohnermeldeamt für die Uni war nur einer der Vorschläge.

Angst vor einer Übernahme Niedersachsens muss Bremen trotzdem nicht haben, meint Fiedler: „Niedersachsen ist viel zu arm, um Bremen zu schlucken“. pipe

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