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Neue Interessen einstöpseln

Industrie- und Partykammer: Die „Club Commission“ möchte zur Standesvertretung der Nightlife-Veranstalter werden

„Das sieht ja aus wie beim letzten Abendmahl“, entfährt es dem Kollegen angesichts der 12 Menschen, die da nebeneinander auf einer Bank vor langen Tischen hocken. Die zwölf sind die „Club Commission“, ein Verband der Berliner Club-, Party- und Kulturereignisveranstalter, und sie wollen „ein Sprachrohr der Berliner Szene darstellen“.

Wieso die „Berliner Szene“ ein solches Sprachrohr braucht, das versucht der Vorstandssprecher Sascha Wolf von der Agentur „Ariadne & Wolf“ bei der Pressekonferenz im schnieken „Sternradio“-Club, im ehemaligen „Haus des Reisens“ am Alexanderplatz, zu erklären. Die Stadt profitiere von der fruchtbaren und bunten Berliner Nachtszene. Man „profiliert sich mit unserer Arbeit“, sagt Wolf. Nur: „Getan wird nichts“, so der Tenor der (bis jetzt) 12 ClubbesitzerInnen und VeranstalterInnen. Im Gegenteil: „Es wird einem immer schwerer gemacht, bei einer Neueröffnung die Auflagen zu erfüllen“, sagt Olaf Kretschmar vom Oxymoron.

Darum wird ab heude zurückgeschosse, tätä! Die Nachtszene-Behüter wollen sich von nun an gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite stehen, sich die technischen Geräte ausleihen, Leute weitervermitteln, die Logistik teilen etc. Warum gerade jetzt eine solche Lobby entstehen kann, denn es gab in Berlin ja schließlich immer eine Menge große und kleine, legale und illegale Clubs und Partys, erklärt Sascha Wolf: „Äußerlich sind seit dem Regierungsumzug eine Menge neue Interessen eingestöpselt worden“, die großen, kommerziellen Vergnügunsstätten boomten wieder, und die kleinen haben’s schwer. Und innerlich sei „die Szene auch einfach reif dafür, sie müssen sich nicht mehr nur um das Organisieren von den Plattenspielern für die DJs kümmern“, nein, sondern können BWL live (er)leben.

Die „Club Commission“, die „doch eigentlich Club Cartell heißen müsste“, wie ein Zwischenrufer grinst, will den Mitgliedern Nachhilfe in Rechts- und Gema-Fragen geben, in Arbeitsgemeinschaften sollen diese Themen erläutert werden: eine „Club- oder Veranstaltungskammer“, so wie die Industrie- und Handelskammer quasi. Und man legt Wert darauf, dass es nicht nur um Clubs gehe, sondern auch zum Beispiel die Love Parade mit Ralf Regitz, der Flyer mit Marc Wohlrabe, die Fête de la musique und der Karneval der Kulturen vertreten sind.

„Das sind ja eigentlich schon Veteranen der Szene“, sagt Wolf über Regitz und Michael Oswald vom Schwuz. Aber genau dieses Veteranenwissen soll den jungen, unerfahrenen Club- und Veranstaltungsneulingen helfen, vor Konkurrenz habe man keine Angst, und auch zum Thema Kartellbildung, Preisdiktat und Kontrolle der Szene wird freundlich abgewinkt: „Die Mitglieder operieren ja trotzdem alle noch einzeln“, und außerdem werde man von niemandem gesponsert oder politisch irgendwie eingebunden. Die JournalistInnen, die alle verdächtig nach ClubgängerInnen aussehen, kritzeln eifrig mit. J. Z.

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