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Österreich bleibt gern unbeobachtet

Die Wiener Regierung ist vom Vorschlag einer internationalen Kommission zur Beobachtung Österreichs nicht besonders angetan. Sie fordert weiter einen konkreten Zeitrahmen zur Aufhebung der europäischen Sanktionen

WIEN taz ■ Der Vorschlag der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft, die österreichische Regierung einer systematischen Beobachtung zu unterwerfen, trifft bei den Betroffenen in Wien auf wenig Gegenliebe. Der Plan, der am Dienstag in seinen Grundzügen bekannt wurde, sieht zwar noch kein Ende der Eiszeit gegenüber Wolfgang Schüssel und Co vor. Sein Zweck ist aber zweifelsfrei, die beim EU-Gipfel in Feira vergangene Woche wiederholt zitierte Tür aufzustoßen.

Der Schweizer Vorsitzende des Europäischen Menschenrechtsgerichts, Luzius Wildhaber, soll drei Mitglieder eines Weisenrates ernennen, die zu prüfen haben, wie in Österreich Minderheiten, Migranten und Flüchtlinge behandelt werden. Außerdem soll der politische Charakter der FPÖ untersucht werden. Wildhaber hat inzwischen wissen lassen, dass er diese Aufgabe nur übernehme, wenn Österreich dem Verfahren zustimme.

Die Regierung ließ unterdessen durchblicken, sie fordere weiterhin einem konkreten Zeitrahmen für die Aufhebung der Sanktionen. Bundeskanzler Schüssel, der vor einigen Monaten selbst ein Monitoring-Verfahren gefwünscht hatte, hielt sich zunächst bedeckt. Er wollte keinen Plan kommentieren, den er nicht im Detail kenne. Zuletzt hatte er aber jede Beobachtung als „Tierversuch“ empört zurückgewiesen. Weniger zurückhaltend gab sich wie üblich das „einfache FPÖ-Mitglied“ Jörg Haider. Der Kärntner Landeshauptmann sprach von einer Provokation: „Ich habe das Gefühl, dass man jetzt versucht, taktische Spielereien zu machen seitens der EU, um die Volksbefragung möglichst weit hinauszuschieben.“

Haider fordert ein Plebiszit, aus dem die Ablehnung der Bevölkerung gegenüber den so genannten Sanktionen hervorgehen soll. Die FPÖ verspricht sich davon eine Stärkung der Regierung gegenüber der EU und erhoffe sich, so der grüne Abgeordnete Peter Pilz, „einen Mobilisierungseffekt“ für die eigene Partei, die in den Umfragen stark verloren hat. Gut zwei Drittel der Bevölkerung lehnen nach jüngsten Erhebungen eine solche Volksbefragung ab und die Hälfte würde sich nicht daran beteiligen. Dementsprechend zurückhaltend sind auch ÖVP-Politiker. Sie fürchten, dass aus dem Anti-Sanktionen-Plebiszit ein Anti-EU-Plebiszit werden könnte.

Beate Winkler, die Leiterin der in Wien angesiedelten Beobachtungsstelle der EU gegen Rassimus und Fremdenfeindlichkeit, der man keine Sympathien für die Regierung Schüssel nachsagen kann, meinte: „Fremdenfeindlichkeit und Rassismus scheinen in Österreich nicht gestiegen zu sein.“ Weniger sicher ist, wie eine Beobachtung der FPÖ ausgehen würde. Kaum eine Woche vergeht ohne einen extremistischen Ausritt eines ihrer Politiker. Erst am Dienstag drängte der FPÖ-Vizebürgermeister der Salzburger Gemeinde Seekirchen in die Schlagzeilen, als er im Gemeinderat forderte, die Kommune solle keinen Beitrag in den Entschädigungsfonds für NS-Zwangsarbeiter einzahlen und vielmehr von Deutschland und den Alliierten Entschädigung für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Österreicher verlangen.

RALF LEONHARD

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