„Liebe taz...“ Einseitigkeit bei Media-Analyse

Betr.: „Hansawelle jetzt nicht mehr Hanseatenwelle“, taz bremen vom 6.7.2000

Ich gehöre offenbar zu den Auserwählten, die per Telefon interviewt worden sind. Nach der Struktur des Interviews zu urteilen verwundert es mich nicht, dass bestimmte Sender beziehungsweise Programme besser abschneiden als andere. Ich erinnere mich, mehrere dutzend Musikbeispiele zur Berwertung vorgespielt bekommen zu haben. Ich kann mich an keinen einzigen Fall eines klassischen Konzertes erinnern, auch nicht an Jazz. Dass Musiken anderer Kulturen in KEINEM Fall präsentiert wurden, daran erinnere ich mich genau. Und gehobene Volksmusiken auch nicht. Diese extreme Einseitigkeit muss zwangsläufig zu Verzerrungen führen und die Verlierer sind von vorn herein ausgemacht: zum Beispiel Radio Bremen 2, denn dessen Musikprogramm war in den vorgespielten Musikbeispielen nicht einmal ansatzweise repräsentiert. Gewinner sind automatisch diejenigen, die sich in dem im Interview angebotenen Spektrum weltweiter Rock-Pop-Funk-Oldies-Charts-etc.-etc.-Titel angesiedelt haben. Dazu kommt, dass die Befragung so aufgebaut war, als könne man voraussetzen, dass jeder Hörer immer genau weiss, welchen Sender beziehungsweise welche Welle oder welches Programm er jeweils gerade hört. Das ist jedoch fern der Hör-Realität im Alltag.

Mein Urteil zu dieser Befragung: Vielleicht ein interessanter Fundus aber keinesfalls in allen Teilen repräsentativ, dazu sind die methodischen Fragezeichen zu groß. Vielleicht sollte sich die taz die Unterlagen des Interviews inklusive der Hörbeispiele kritisch vornehmen, um vielleicht auf die nächste „MA“ objektivierend Einfluß nehmen zu können.

Gerhard Kissel