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Die Schattenmänner

Auch die iranischen „Volksmudschaheddin“ mobilisieren zu Gegendemonstrationen – mit teils dubiosen Methoden

BERLIN taz ■ Zeitgleich zu Irans Präsident Chatami reist auch eine eher schattenhafte Organisation an: die „Sasman-e-Mudschaheddin-Chalgh“ – die Organisation des kämpfenden Volkes, die „Volksmudschaheddin“. Ihre Anhänger kommen vor allem aus den Niederlanden, aus Norwegen und anderen skandinavischen Ländern. Ihr Hauptquartier haben sie in der Obhut des irakischen Staatschefs Saddam Hussein in Bagdad. In irakischen Gefängnissen sitzen auch viele ihrer abtrünnigen Mitglieder.

Ihre politische Tarnorganisation nennt sich „Nationaler Widerstandsrat“. Unter Exiliranern haben die Volksmudschaheddin kaum Rückhalt. Sie diffamieren ihre politischen Gegner gern nach dem Motto: „Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns und zugleich Freund von Ajatollah Ruholla Chomeini“. Im Vorfeld der Chatami-Reise starteten die Volksmudschaheddin Unterschriftenaktionen, die auch in Telefonterror ausarteten. So meldeten sich bei Menschen, die durch Namen im Telefonbuch als ExiliranerInnen zu erkennen sind, Anrufer einer Aktion „Iranische Akademiker im Exil“ oder „Nationaler Widerstandsrat“, meist Frauen, die mit englischem Akzent sprachen: „Wir haben ihre Telefonnummer im Telefonbuch gefunden und wollen sie gegen die Einreise von Mullah Chatami mobilisieren.“ Wer sie mit kritischen Fragen konfrontierte, bekam die Antwort: „Sie sind ein Lakai des Regimes!“

Die Volksmudschaheddin haben sich eine Verbindung aus linker Ideologie und Islam auf ihre Fahne geschrieben. In Berlin übersteigt ihre Anzahl keine 20 (von insgesamt 7.000 ExiliranerInnen), dem jüngsten Berliner Verfassungsschutzbericht zufolge haben sie im ganzen Bundesgebiet nur rund 900 Mitglieder.

Allerdings können sie erheblich mehr Menschen mobilisieren. So finanzieren sie Iraner aus Flüchtlingsheimen die Hin- und Rückfahrt zu Demos. Viele von den Mitreisenden hegen dabei die Hoffnung, zur Anerkennung ihres Asylantrags beizutragen, indem durch Fotos bei Protestaktionen ihre Gegnerschaft zum Regime dokumentiert wird. Zum Hauptträger der Proteste gegen den Besuch von Chatami gehören in Berlin außer den Volksmudschaheddin der Verein iranischer Flüchtlinge, das Komitee zur Verteidigung politischer Gefangener im Iran und diverse linke exiliranische Gruppen. KAMBIZ BEHBAHANI

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