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SPD stellt Seriosität von Hattig in Frage

■ Vorschlag eines „Bioversums“ an der Uni sorgt für Rosenkrieg in der großen Koalition / Wirtschaftssenator „ohne seriöse Berechnungen“ / SPD will nur „Totrechnen“ und „Totreden“

„Das hat mit seriöser Planung nichts zu tun“, schimpfte der SPD-Fraktionsvorsitzeder Jens Böhrnsen gestern vor der Presse. Es gebe „keine seriöse Basis für eine endgültige Entscheidung“. Wirtschaftssenator Josef Hattig und CDU-Fraktionsvorsitzender Jens Eckhoff hatten sich „in einem gemeinsamen Gespräch“ verständigt, statt des Rhodariums, an der Universität ein 25-Millionen-Projekt „Bioversum“ zu realisieren, das die Rhododendren-Schau integrieren sollte.

Die CDU teilte das in einer Presseerklärung mit. Dass Hattig das Thema nicht mit dem Koalitionspartner besprochen hat, sondern mit seinem Fraktionsvorsitzenden, bevor er an die Öffentlichkeit ging, sagt alles über die aktuelle Konflikt-Kultur in der Koalition. In der Sache, so Böhrnsen, handele es sich um einen „Schnellschuss“, die Projektskizze der Firma Foiltec mit sehr grob geschätzten Zahlen sei keine zwei Tage auf dem Tisch. „Ein Schnellschuss kann sehr schnell zu einem Fehlschuss werden.“

Dass es dabei um Profilierungen geht, hatte Eckhoff überdeutlich gemacht: „Mit diesem entscheidenden Schritt zeigt die CDU-Seite mal wieder, dass sie der konstruktivere Teil der Großen Koalition ist“, hatte er am Donnerstag zur Begründung geschrieben.

Hattig hatte seine Zustimmung zum Bioversum mit der Bemerkung eingleitet: „Die beteiligten Ressorts haben nunmehr folgenden Lösungsvorschlag erarbeitet“. Das ist zumindest grob missverständlich. In der Arbeitsgruppe, an der Wirtschaftsressort, Umweltressort und Senatskanzlei beteiligt sind, waren verschiedene Modelle ohne Ergebnis beraten worden. Die sollten nun konkretisiert und genauer durchgerechnet werden, fordert Böhrnsen. Konsens sei offensichtlich, dass das Rhodarium in der ursprünglich geplanten Form nicht gebaut werden solle, stellte er befriedigt fest. Vor zwei Wochen hatte Hattig noch schriftlich mitteilen lassen, das Rhodarium-Projekt „ist strukturell eine gute Chance und wirtschaftlich vertretbar“.

Die neuen Berechnungen nahmen ihren Ausgangspunkt bei dem Angebot der Firma Foiltec, durch ein Folien-Dach anstelle der bisher geplanten Glas-Kontruktion die Kosten für das Gebäude zu halbieren. Diese Firma, die weltweit führend in dieser Technik ist und u.a. das Regenwald-Projekt in Hannover überdacht hat, war in der bisherigen Rhodarium-Planung nicht favorisiert worden. Im Rhododendronpark sei ein Plastik-Dach über einer Fläche von 5.000 Quadratmeter nicht vorstellbar, meinte Böhrnsen, da es den Charakter des Parks zerstöre. Wenn die attraktive Pflanzenschau an die Uni gezogen würde, das ist das andere Problem, würden diese Pflanzen aber aus dem Rhododendronpark rausfliegen.

Entscheidend aber ist die Bewertung der Kosten-Nutzen-Berechnung. Die vorschnelle Festlegung des Wirtschaftssenators verwundere ihn auch, stichelte Böhrnsen, zumal die erwarteten Besucher-Zahlen für das Rhodarium von denselben Gutachtern ausgerechnet worden sind, die die Prognosen beim Musical gemacht haben. Böhrnsen: „Es ist beim Musical deutlich geworden, wie sorgfältig geplant werden muss.“ Die Kalkulation der „regionalwirtschaftlichen Rentabilität“ des Rhodariums durch den dem Wirtschaftsressort angegliederten „Bremer Ausschuss für Wirtschaftsforschung“ (BAW) war vom Rechnungshof als unseriös und überzogen kritisiert worden.

Böhrnsen stellte klar, dass in den vorschnellen Kosten-Angaben für das Bioversum sogar die Grundstückskosten fehlen würden. Eckhoff konterte gegen seinen SPD-Koalitionspartner: „Der Anspruch mit dem die Große Koalition in Bremen angetreten ist, nämlich das Land finanziell zu sanieren, (...) kann man nicht durch konsequentes Nichtentscheiden, Totrechnen und Totreden gerecht werden.“ K.W.

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