Transrapid heißt bald Frau Antje

■ Niederländer pumpen fünf Milliarden Gulden in die Entwicklung des Nordens / Vermutlich mit Transrapidstrecke nach Groningen – und Bremen?

Klaus Schlösser, Sprecher des Bremer Senats, gibt sich alle Mühe das Engagement Bremens für eine Transrapid-Strecke von Holland über Bremen nach Hamburg herauszuarbeiten. Aber: „Geld haben wir dafür nicht und werden auch keine Trasse bezahlen können“, so Schlösser zur taz bremen. Anders läuft es in Niedersachsen. Gestern stellte Ministerpräsident Sigmar Gabriel noch heraus, sein Land werde sich an eventuellen Baukos-ten beteiligen. Seine wie Bremens Hoffnungen auf einen Transrapidzug nach Bremen gelten der aktuellen Entwicklung in den Niederlanden. Vormals als Lachnummer abgetan, bekommt jetzt eine Magnetbahn durch Ostfriesland und das Emsland über Bremen nach Hamburg möglicherweise wieder eine Chance. Dann nämlich, wenn die Niederlande eine Transrapidverbindung zwischen der Randstadt (Utrecht, Den Haag, Amsterdam, Rotterdam) und Groningen bauen. Über den Stand der Diskussion in Holland sprach die taz mit dem Kommissar der Königin in der Provinz Groningen,Hans Alders.

taz: Herr Alders, ob der Transrapid zuerst in Europa eingesetzt wird, so scheint es, hängt von den Niederlanden ab.

Hans Alders: Das mag sein.

Machen die Niederlande eine positive Entscheidung für eine Transrapid-Strecke in Holland davon abhängig, ob eine Strecke in Deutschland gebaut wird?

Nein. In den Niederlanden stellt sich das Problem anders da. Wir haben sozusagen eine nationale und eine europäische Komponente des Problems.

Was heißt das?

1996 hat die niederländische Regierung Überlegungen zur Entwicklung des Nordens angestellt. Diese Überlegungen konkretisierten sich 1998 in einem Entwicklungsprogramm. Teil dieses Konzeptes ist es, bis 2007 fünf Milliarden Gulden in die Entwicklung des Nordens zu investieren. Auf jeden Fall soll im Rahmen dieses Programmes eine Verbindung zwischen der Randstadt ( mit Groningen erstellt werden. Die Entscheidung für diese Verbindung ist völlig unabhängig von aktuellen Diskussionen um den Transrapid in Deutschland. Unsere Absicht ist es, spätestens 2010 mit dem Bau dieser Verbindung zu beginnen. Ich nenne das mal unsere nationale Komponente.

Und die europäische Komponente?

Nordholland und Nordeutschland sind nicht das europäische Kerngebiet. Die Zentren sind in London, Paris, der niederländischen Randstadt und dem deutschen Ruhrgebiet. Aber mit Blick auf ein prosperierendes Skandinavien und auf die sichere Osterweiterung der EU müssen wir uns fragen, ob unsere Küstenregionen es verkraften können, absolute Peripherie in Europa zu sein. Anders ausgedrückt, welche Stärken hat die nördliche Küstenregion, um sich kompetent in Europa einzubringen?

Ich vermute, Sie kennen diese Stärken und Sie sehen Chancen für eine Kooperation Nordholland/ Norddeutschland?

Ja, natürlich! Wir sind zwar Konkurenten, haben aber auch gleiche Interessen. Diese gilt es zu erkennen. Wir sind mit Niedersachsen, Bremen, Hamburg und der Bundesregierung in ständigem Kontakt.

Dabei geht es auch um eine Kooperation in Sachen Transrapid?

Ja. Eine Transrapid-Trasse von Amsterdam über Groningen, Oldenburg, Bremen nach Hamburg wäre ein gewaltiger Schritt nach vorne für unsere Regionen innerhalb Europas. Aus niederländischer Sicht hätten wir damit eine neue Qualität in der strukturellen Entwicklung des Nordens.

Haben Sie keine Angst, dass in Deutschland der Transrapid am Geld oder einer ökologischen Diskussion scheitert?

Wenn eine Regierung ein Projekt wirklich umsetzen will, dann wird es nicht am Geld scheitern. Die Strecke Hamburg-Berlin war einfach unwirtschaftlich geplant. Daran ist sie gescheitert. Was die ökologische Diskussion angeht, so werden wir die in den Niederlanden offen und ausführlich führen.

Konzeptionieren die Niederländer den Transrapid anders als die Deutschen?

Die revolutionäre Technik des Transrapid ermöglicht es auch den Regionen, von der Magnetbahn zu profitieren. Sollten sich die Niederlande für den Transrapid entscheiden, dann werden wir zwischen Amsterdam und Groningen acht Zwischenstopps haben. Jede Station ist geplant als eigenes, wirtschaftliches Zentrum. Welchen wirtschaftlichen Nutzen das genau hat und welche finanziellen Mittel dadurch für die gesamte Investition frei werden, das lassen wir zurzeit prüfen. Auf der Langstrecke verkürzt der Transrapid die Fahrt aus dem Norden Hollands zum Ams-terdamer Flughafen trotzdem fast um die Hälfte.

Gibt es schon einen „Fahrplan“ für die gesamte Investition?

Unter der Federführung der Regierung werden zurzeit drei Optionen geprüft. Das ist einmal der Ausbau der traditionellen Eisenbahnverbindung Randstadt-Groningen. Zum Zweiten ist es die neue Installation einer Hochgeschwindigkeitsstrecke Randstadt Groningen, wobei hier die bestehende Verbindung Amsterdam-Isle de France weitergedacht wird. Die dritte Option ist eine Transrapid-Strecke Randstadt-Groningen. Hier hätten wir natürlich ein großes Interesse, wenn über Leer, Oldenburg, Bremen, am besten bis Hamburg, die Trasse weitergebaut würde. Aber, wir planen unabhängig von den deutschen Überlegungen. In einer zweiten Arbeitsgruppe lässt die Provinz Groningen prüfen, wie eine Verkehrsregelung aus der Region heraus genutzt und finanziert werden kann. Es gibt in Holland ein Konsortium aus Siemens NL, den Baufirmen Ballast Nedam und Holland Beton sowie der Bank ANB/Amro. Dieses Konsortium hat bereits einen Finanzierungsplan vorgelegt. Bis Oktober erwarten wir alle Ergebnisse, dann fällt eine Entscheidung.

Wenn die Entscheidung im Oktober fällt, erinnert das an einen Termin der Bundesregierung, die ab Oktober zwei von bislang fünf gewünschten Transrapid-Trassen konkreter untersuchen lassen will.

Uns ist klar, dass die Bundesregierung sehr stark auf die Entscheidung der Niederlande schaut. Anderseits gehen wir davon aus, dass die Bundesregierung eine konkrete Transrapid-Trasse, die durch das Emsland und Ostfriesland fährt, untersuchen lassen wird. Denn das ist die einzige, die eine klare euopäische Spur verfolgt.

Fragen: Thomas Schumacher