: Samba den Hüten ...
... Krieg dem schlechten Wetter: Velha Guarda da Mangueira spielen im Tempodrom
Nur sehr zögerlich füllt sich das Areal des Tempodroms – an diesem kühlen Abend scheinen einige sich doch sehr lange die helle und vor allem einigermaßen warme neue Empfangshalle des Ostbahnhofs anzuschauen. Dann geht es in den engen Hinterhof mit dem kleinen Zelt. In dieser Woche wäre es nun wirklich nett von den diversen Wettergöttinnen, ein paar Grad draufzusatteln. Hey girls, es geht hier unten bei uns um echten Samba aus Brasilien. Denn Chefethnologe Borkowsky Akbar von den Heimatklängen schickt bis Sonntag eine Gruppe von Herren in schicken hellen Anzügen zu uns, die den Samba quasi selbst erfunden haben:Velha Guarda da Mangueira.
Der Fotograf wird sofort professionell sauer, als er die schwarzen Gesichter unter den ebenfalls hellen Hüten sieht: Das sei sehr schlecht für die Kontraste, erklärt er. Deshalb versucht er wenigstens gute Hutfotos zu schießen. Im Zentrum der 13 Musiker steht deren Mastermind, Spieler der siebensaitigen Gitarre und Artistic Director Josimar Monteiro.
Der beginnt sofort mit scheinbar netten Ansagen – ich habe leider noch keinen der neben dem Zelt angebotenen Portugiesisch-Kurse besucht – zum Auftauen. Die ersten tanzen, wenn auch noch zaghaft. Ein wenig übersteuert ist der Sound, aber was wir hier hören, klingt tatsächlich sehr authentisch knarzig.
Kein Wunder, denn die Herrschaften von Velha Guarda da Mangueira sind ja auch echt. Sie sind, ähnlich wie der Buena Vista Social Club, Produzenten einer Doppel-CD, auf der die Historie des traditionellen Sambas von Rio de Janeiro dokumentiert wird. Das Album enthält Klassiker aus den Vierzigern wie Mangueira Chegou oder den Gewinner des Karnevals von 1948 von Nelson Sargento und Alfredo Portugues Vale do Sao Francisco.
Samba ist Straßenmusik bzw. eigentlich nicht einmal das: Mangueira entstand vor allem in den Elendsvierteln am Rande der Stadt. Schon deshalb war dieses Tanzteufelszeug nicht unbedingt auf Platten erhältlich in Brasilien. Erst 1999 konnten sie dies nachholen. Vorher hatte die Gruppe nur das Album „Perolas“ aufgenommen – allerdings in Japan. ANDREAS BECKER
Heimatklänge im Tempodrom am Ostbahnhof mit Velha Guarda da Mangueira, heute und Samstag 21.30, Sonntag 16 Uhr
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