: Hoher Einsatz für einen Joint
Dietmar Hübner von der Beratungseinrichtung „pro police“ zum Drogenkonsum in der Polizeibehörde. Wer erwischt wird, fliegt meistens raus
taz: Zwei Polizisten sitzen in U-Haft, weil sie Haschisch für ihren Eigenbedarf und Verkauf beschlagnahmt haben. Ist Ihnen so etwas schon zu Ohren gekommen?
Dietmar Hübner: In dieser Qualität noch nicht. Es besteht aber ein großes Dunkelfeld. Die Gefahr, erwischt zu werden, ist relativ gering. Die Bestohlenen werden sich bestimmt nicht bei der Polizei beschweren, weil sie sich dabei selber anzeigen würden.
Mit welchen Süchten haben Polizisten in der Regel so zu kämpfen?
Mit allen Süchten, die in der Gesellschaft auch vorkommen, verstärkt natürlich mit dem Alkohol.
Kennen Sie Polizisten, die kiffen?
Ja. Bei vielen jungen Kollegen habe ich immer wieder festgestellt, dass ihnen völlig das Unrechtsbewusstsein fehlt. Denen ist häufig nicht klar, dass das strafbar ist. Sie haben gerüchteweise aus der Presse von den Bestrebungen des Lübecker Landgerichts und dem Bundesverfassungsgerichtsurteil gehört. Aber die Beschlüsse sind von ihnen so interpretiert worden, dass die Rechtswidrigkeit abgeschafft worden ist. Tatsächlich ist es aber so, dass manche Bundesländer von der Strafverfolgung absehen, wenn man beim ersten Mal mit Kleinstmengen erwischt wird.
Was droht Polizisten, die beim Kiffen ertappt werden?
Das Problem trifft vor allem die jüngere Generation, die mit Haschisch häufig schon in der Schule Kontakt hatte. Es reicht aus, einmal im Vierteljahr auf einer Fete einen Joint zu rauchen. Zwei Gläser Bier zweimal die Woche sind dagegen gesellschaftlich vollkommen anerkannt. Ein Polizist, der beim Haschischkonsum erwischt wird, läuft Gefahr, rauszufliegen, wenn er noch nicht Beamter auf Lebenzeit ist. Viele Polizisten, die ich kennen gelernt habe, sind durch Szeneleute angezeigt worden, bei denen sie das Haschisch gekauft haben. Einige fanden es schick zu sagen, dass man Polizist ist und trotzdem kifft.
Müsste die Polizei in puncto weiche Drogen nicht mal langsam anfangen, umzudenken?
Es wäre ein Ding, wenn die Polizei bei gesellschaftlicher Innovation plötzlich an vorderster Front stehen und sagen würde: Wir müssen beim Thema Haschisch was verändern. Das ist vielleicht wünschenswert, aber völlig unrealitisch. Das würde völlig gegen unsere Strukuren sprechen.
Interview: PLUTONIA PLARRE
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