: Es geht doch
■ Richter verbieten Neonaziaufmarsch in Göttingen. Parallelen zu Hamburg
Nachhilfe für SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage. Die Stadt Göttingen hat es Hamburg erneut vorgemacht und einen für Samstag geplanten Neonazi-Aufmarsch verboten. Zu diesem hatte auch das Hamburger „Aktionsbüro Norddeutschland“ um Neonaziführer Christian Worch und Thomas Wulff aufgerufen. Das Verbot hielt letztinstanzlich vorm Bundesverfassungsgericht stand, eine konkrete Begründung wird Ende der Woche vorliegen.
Damit bekommt die Debatte um den Umgang des rot-günen Senats mit Neonaziaufmärschen neuen Zündstoff. „Wieso soll in Hamburg nicht möglich sein, was in Göttingen erfolgreich praktiziert wird“, schimpft der Regenbogen-Bürgerschaftsabgeordnete Lutz Jobs. Regenbogen und Gewerkschaften hatten mehrfach ein Verbot von rechten Aufmärschen in der Elbemetropole gefordert.
Wrocklage hingegen hatte in den vergangenen zwölf Monaten sechs rechtsradikale Demos nicht untersagt, weil es angeblich keine Rechtsgrundlage gäbe, das „verfassungsmäßige Recht auf Versammlungsfreiheit“ einzuschränken. Erst am 8. Juli waren Rechte unter Polizeischutz in Altona aufmarschiert, um gegen „Anarchobanden und gewalttätige Linksfaschisten“ zu polemisieren. Dabei hatte die Polizei 80 Gegendemonstranten festgenommen.
In Göttingen hat die Stadt indessen seit Dezember vier rechte Demos in Folge verboten. Einerseits, weil die Versammlungsleiter, die wie in Hamburg immer einen Anmelder der „Nationaldemokratischen Partei“ (NPD) vorgeschoben hatten, dem militanten Neonazispektrum angehörten und einschlägig vorbestraft waren. Andererseits hat die Stadt im aktuellen Fall mit zu erwartenden Ausschreitungen argumentiert, weil der Aufmarsch darauf angelegt war, die „antifaschistische Hochburg Göttingen“ – ähnlich wie das „Rote Hamburg“ – zu knacken. „Die Demonstration war auf eine Eskalation der Gewalt ausgerichtet“, begründet ein Sprecher des Lüneburger Oberverwaltungsgericht die Bestätigung des Verbots der Stadt. Die Bundesverfassungsrichter haben das nicht moniert.
Peter Müller
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